2015 wurde Ramsau vom Deutschen Alpenverein als erstes Bergsteigerdorf Bayerns ausgezeichnet. Mit viel Herzblut treibt die Gemeinde Ramsau damit ihre nachhaltige Dorfentwicklung nicht nur für den Tourismus, sondern ganz besonders für die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung voran. Bei einem Ortstermin informierte ich mich gemeinsam mit einer Delegation unserer Fraktion, welche Chancen und Herausforderungen den Beteiligten bei der Umsetzung des Konzepts begegnen.
Erzeugung, Vermarktung und Tourismus: regional, biologisch und nachhaltig
Bei einem Kamingespräch im klimaneutralen Berghotels Rehlegg ging es um erfolgreiche Umsetzung von nachhaltiger und regionaler Produktion und Vermarktung. Besitzer Franz Lichtmanegger sprach sich sehr deutlich für regionale Erzeugung und deren Verarbeitung in seinem Hotel aus. Dazu brauche es einen langen Atem, aber der Erfolg habe nicht lange auf sich warten lassen. „Warum soll ich dem Gast was auf den Teller tun, das ich selbst nicht essen würde“, begründete Lichtmanegger sein Engagement.
Beliefert wird er dabei unter anderem von der Regio Star-Genossenschaft aus dem Berchtesgadener Land, dessen Vorsitzender Bernhard Zimmer die gegenseitige Wechselwirkung von Landwirtschaft und Tourismus betonte. Er habe es sich zum Ziel gesetzt, die Region aktiv zu unterstützen. Auch Julia Reimann von Chiemgaukorn, dessen Erzeugnisse – wie der “bayerische Reis” – auch im Berghotel Rehlegg verarbeitet werden, berichtete von ihren positiven Erfahrungen mit den regionalen Wertschöpfungsketten.
Konzept des Bergsteigerdorfes
Grundlage aller Bergsteigerdörfer ist eine nachhaltige, regionale Entwicklung und damit ein Gegengewicht zu landschaftsintensiven Tourismusformen. Ein Bergsteigerdorf verschreibt sich dem sanften Tourismus, fördert Naturschutz, Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung. So werden die Kultur und Traditionen des Alpenraumes bewahrt. Bergsteigerdörfer setzen auf nachhaltige Angebote für Wanderer, Kletterer und BergsteigerInnen – ein naturnaher, ressourcenschonender und nachhaltiger Tourismus also, statt Skischaukeln, Schneekanonen und Fun-Parks.
Roland Stierle und Hanspeter Mair vom Deutschen Alpenverein erläuterten den Weg von der Bewerbung der Gemeinde bis zur Auszeichnung als Bergsteigerdorf. Der Ursprung der Idee liegt in Österreich, wo es bereits mehr als 20 Bergsteigerdörfer gibt. Der DAV hat das Konzept von den Nachbarn übernommen. „Der Schutz der Alpen, ist der Schlüssel überhaupt“, so Roland Stierle, DAV-Vizepräsident.
Der Bürgermeister, Herbert Gschoßmann, steht leidenschaftlich hinter seiner Gemeinde und dem Prädikat Bergsteigerdorf, das durchaus Einschränkungen mit sich bringt. Doch mit einer 98%igen Zustimmung hat er großen Rückhalt bei den Partnerbetrieben, den Verbänden und vor allem in der Bevölkerung.
Biosphärenreservat und Nationalpark
Darüber hinaus ist die Region auch noch das einzige alpine UNESCO Biosphärenreservat in Deutschland. Dr. Lucia Jochner-Freitag kümmert sich dort um die Bildungsarbeit und zeigte anhand einiger mitgebrachter Pflanzen, wie dem Johanniskraut oder dem kleinen Wiesenknopf, wie Wertschätzung in der Natur vonstattengeht. Immerhin sind 50% unserer Arten gefährdet.
Der Nationalpark Berchtesgaden hat sich als einziger Alpennationalpark Deutschlands viele Aufgaben gestellt. Im Vordergrund steht grundsätzlich der Schutz der Natur, denn „Naturschutz ist der zentrale Baustein für eine nachhaltige Entwicklung,“ erläuterte Dr. Vogel, der Leiter des Nationalparks. Bei 1,58 Millionen BesucherInnen im Jahr zählt auch der Tourismus zu den Aufgaben des Nationalparks: Das bewusste Erleben der Natur mit allen Sinnen, das Beobachten natürlicher Vorgänge steht dabei im Vordergrund für naturfreundlichen Tourismus. Allein 800 kostenfreie Exkursionen bietet der Nationalpark im Jahr an.
Mein Kollege Markus Ganserer, der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, bemängelte allerdings die Mobilitätsstrategie der Region, die fast ausschließlich auf die Anreise mit dem Auto abziele. „Da gibt es Nachholbedarf, auch wenn schon kleine Schritte, wie der Almbus, in die richtige Richtung gemacht wurden. Der Freistaat könnte dies unterstützen, indem er auf die Einnahmen aus den Parkgebühren im Nationalpark verzichtet und dies für den Ausbau den ÖPNV einsetzt.“
Unser Fazit: Das erste deutsche Bergsteigerdorf Ramsau ist sicher eine alpine Vorzeigegemeinde in Bayern. Hier können sich viele Gemeinden abschauen, wie Tourismus und regionale Wirtschaftskreisläufe im Einklang mit der Natur gut funktionieren. Es wäre schön, wenn sich zukünftig noch paar weitere unserer schönen bayerischen andere Dörfer um das Prädikat „Bergsteigerdorf“ bemühen!