Das Projekt “Ökomodellregionen in Bayern” liegt mir als agrarpolitische Sprecherin sehr am Herzen. Deshalb bin ich derzeit unterwegs in Bayern, um die Akteure aller fünf Ökomodellregionen kennen zu lernen, und die Entwicklung der Regionen mitverfolgen zu können.
Als erste (natürlich nach “unserer” Region Waginger See) besuchte ich die “Steinwaldallianz” (13 Gemeinden) im Landkreis Tirschenreuth am nördlichen Rand der Oberpfalz. Eingebunden in die Waldlandschaften des Steinwaldes und des südlichen Fichtelgebirges liegen kleinräumig strukturierte, historische Kulturlandschaften, die durch eine über Jahrhunderte andauernde kleinbäuerliche Landwirtschaft entstanden, von ihr gepflegt und erhalten worden sind. Eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen, teils gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht, finden hier Lebensraum und Rückzugsgebiete – beispielsweise die ästige Mondraute, die wir bei meinem Besuch tatsächlich entdeckt haben.
Ein großes Problem ist seit Jahren der demographische Wandel und die dramatischen Bevölkerungsverluste (bis zu 20 % in 20 Jahren) im Allianzgebiet. Umso wichtiger ist es, durch vernetztes Handeln wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu verbessern und die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Die submontane Lage mit ungünstigen klimatischen Verhältnissen und kargen Böden bieten der Landwirtschaft nur schlechte Erzeugungsbedingungen. Trotz der Zuordnung des Landkreises zur benachteiligten Agrarzone arbeiten 6,9 % der Erwerbstätigen in der Land-, Forst- und Teichwirtschaft, was einen Spitzenwert in Bayern darstellt. Die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft einschl. Fischerei im Landkreis Tirschenreuth ist überdurchschnittlich hoch, der Anteil an der Bruttowertschöpfung ist mit 3,1 % der zweithöchste in ganz Bayern, auch beim Anteil der Erwerbstätigen liegt der Landkreis mit 6,9 % in Bayern ganz oben.
Eine hohe Wertschöpfung auf der knappen Fläche kann durch Ökologischen Landbau und Direktvermarktung erreicht werden. Anteil (3,8 %) und Umfang (1.600 ha) der ökologisch bewirtschafteten Flächen liegen jedoch deutlich unter dem Durchschnitt der Oberpfalz (5,03 %) und des Freistaates Bayern (6,53 %).
Im Rahmen meines Besuchs besichtigten wir den landwirtschaftlichen Öko-Betrieb Grenzmühle, der als Versuchsbetrieb für die Beweidung durch das beinahe ausgestorbene Rote Höhenvieh gilt. Die aktuell 55 Tiere gehen in die Zucht oder in die regiuonale Vermarktung; ein großer Abnehmer ist beispielsweise die Schlossschänke in Friedenfels, wo wir das wirklich hervorragende Fleisch probieren konnten.
Eine weitere Idee der Initiatoren ist es, die kargen Böden im Steinwald zum Mohnanbau zu nutzen – bisher wird in Deutschland kein Mohn hergestellt, der gesamte Bedarf wird importiert. Die Mohn-Versuchsfelder der Grenzmühle sind somit einzigartig in Bayern. Die Pflanzen sollen vornehmlich der Ölgewinnung dienen – Mohnöl hat einen einzigartigen Eigengeschmack und eignet sich hervorragend für Salate.
Problematisch am Mohnanbau ist derzeit aber, dass es nur eine einzige zugelassen Mohnsorte in Deutschland gibt – Kriterium ist der Grenzwert an Morphin. Das Kuriose: beim Import sämtlichen Mohns nach Deutschland aus dem Ausland spielt der Morphin-Wert überhaupt keine Rolle. Wer weiß, wie viel Morphin wir mit unseren Mohnsemmeln täglich zu uns nehmen!
Baron von Gemmingen-Hornberg, dem Vorsitzenden des Naturparks Steinwald, ist einer der Mitinitiatoren der Bewerbung zur Ökomodellregion. Weil ihm der Erhalt seiner Heimat sehr am Herzen liegt, stellt er dieses Jahr seine landwirtschaftlichen Betriebe sämtlich auf Bio um, auch seinen bestehenden Landhandel: das 1000 Tonnen fassende Getreidelagerhaus soll ab dann allen Biobauern zur Verfügung stehen. Der in einem seiner Gebäude entstandene Dorfladen würde den Biobauern ihre Produkte ebenfalls abnehmen. Von diesem Schritt erhoffen sich die Initiatoren der Ökomodellregion eine Signalwirkung auf die gesamte Region.
Die Fördermittel des Ökomodellregion-Pakets sind auf 2 Jahre angelegt. Das ist sicherlich zu kurz, um einen richtigen Wandel herbeizuführen. Ich werde den Verlauf dieses Objekts weiter begleiten und gegebenenfalls eine Verlängerung anregen. Die Steinwald-Region benötigt jedenfalls Unterstützung bei ihrem Weg aus der Spirale des vorherrschenden Strukturwandels, bei ihrem Bemühen, ihren ländlichen Raum wieder attraktiver zu machen.
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