Helles Grün, weiß gestrichenes Holz, kunstvoll arrangierte Spiegel im Flur und ein einladend gedeckter Tisch, der auf den mitgebrachten Kuchen wartete, empfingen die Besucherinnen der Mädchenwohngruppe im Wilhelm Löhe Heim in Traunreut. Doris Wagner, Bundestagskandidatin Bündnis 90/ Die Grünen und Gisela Sengl, Landtagskandidatin Bündnis 90/ Die Grünen informierten sich über das Wilhelm Löhe Heim und besonders über die heilpädagogische Mädchenwohngruppe dort. Begleitet wurden sie von Ulrike Tieman-Glaser, Geschäftsbereichsleiterin Wohnbereich 2 des Heims, in dem Kinder und Jugendliche mit Lernbehinderungen, psychischen Belastungen und geistigen Behinderungen für einen vereinbarten Zeitraum ein Zuhause finden.
Die drei Erzieherinnen der Mädchenwohngruppe berichteten vom Alltag mit den Mädchen: Von den Schwierigkeiten, die sechs Mädchen im Alter zwischen 11 und 18 Jahren haben, sich auf ein gemeinsames Fernsehprogramm zu einigen. Von der Aufsicht über facebook- und handy-Nutzung und den eingeschränkten Rückzugsmöglichkeiten in den 2-Bett-Zimmern. Sie erzählten von der gemeinsamen Gestaltung der Räume der Mädchen mit Farbe, die sie aus dem Verkauf von Basteleien auf dem Weihnachtsbasar finanzierten. Während der Führung durch die Wohnung wurde den Besucherinnen das Erstellen der Einkaufslisten und das Heranführen der Mädchen an selbstständiges Einkaufen und Kochen erklärt.
Meine Frage nach der Verpflegung wurde gerne beantwortet: Die Mädchen würden sich selbst um Frühstück und Abendessen kümmern. Für Wochenende und Ferien würde ein Kochplan erstellt und das Mittagsessen selbst gekocht, während unter der Woche mittags das Essen frisch zubereitet aus der Großküche des Wilhelm Löhe Zentrums geliefert werde. Diese Großküche erfülle jeden Wunsch – ob vegetarisch, lactosefrei oder Fleischgericht.
Doris Wagner erkundigte sich nach der beruflichen Qualifikation der Betreuerinnen und erfuhr, dass freiwillige und vom Arbeitgeber geforderte Weiterbildungen die ausgebildeten Erzieherinnen in der intensiven Betreuung der Mädchen unterstützen. Besonders die integrierte Elternarbeit, vor allem mit den Müttern sei ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Es sei unabdingbar und eine große Kunst, den Mädchen in der Wohngruppe Sicherheit zu bieten und sie wohlwollend in ihrer Entwicklung zu unterstützen, egal wohin sie wollten. Hier motiviere und kläre die regelmäßige, aber leider viel zu seltene Supervision.
Die Bezirkstagskandidatin Marianne Penn, selbst Heilpädagogin im Wilhelm Löhe Zentrum, stattete der Gruppe einen kurzen Besuch ab und erläuterte den alltäglichen Balanceakt zwischen systemorientierten, theoretischen Kriterien und der flexiblen, wohlwollenden Orientierung am Menschen.
Ulrike Tieman-Glaser hob die sehr gute Qualität der Einrichtung hervor, beklagte aber den zunehmenden Fachkräftemangel. Dieser ergebe sich vor allem aus neuen Regelungen bezüglich der Vorpraktikumsjahre und des Berufspraktikumsjahres. Die zukünftigen Erzieher und Erzieherinnen bekämen keine Gelegenheit mehr, während der Praktika in heilpädagogischen Einrichtungen wie dem Wilhelm Löhe Heim zu arbeiten. Dadurch würde von den Absolventen viel seltener ein Arbeitsplatz in der Heil- und Sonderpädagogik angestrebt.
Diese Regelungen wieder aufzuheben und den Auszubildenden wieder einen Einblick in heil- und sonderpädagogische Arbeit zu ermöglichen, diesen Wunsch äußerte Ulrike Tieman-Glaser, von Doris Wagner und Gisela Sengl nach einem erstrebenswerten Ziel befragt. Die drei Erzieherinnen sprachen sich eindeutig und einig für die Gründung einer Kinder- und Jugendpsychiatrie mit geschlossener Abteilung exakt für ihr Klientel aus, angehängt an das Sozialpädagogische Zentrum Traunstein.
Alle wünschten sich mehr gesellschaftliche Anerkennung für ihre Arbeit, eine starke Lobby für soziale Berufe und ein Standard-Qualitätsmanagement für pädagogische Einrichtungen.