30% Biolandwirtschaft in Bayern bis zum Jahr 2030 – das ist dank dem Artenschutz-Volksbegehren seit 1.8.19 Gesetz. Viele landwirtschaftliche Betriebe stehen schon in den Startlöchern. Aber die bayerische Staatsregierung hat lange vernachlässigt, dass sich auch bei der Verarbeitung und Vermarktung von Bio-Produkten noch einiges tun muss. Vor allem fehlt ein klares politisches Bekenntnis zu Bio.
Was jetzt konkret passieren muss, zeigt die von uns Landtagsgrünen in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie “30% Ökolandbau in Bayern bis 2030: Analysen und Empfehlungen aus Absatz- und Marktsicht” der renommierten Institute Ecozept und FiBL auf.
Durch Analyse der Marktdaten und Experteninterviews wurden die Marktlage und die Verarbeitungsstrukturen für in Bayern erzeugte Ökoprodukte erhoben. Gleichzeitig wurden Marktstrukturen und politische Instrumente einiger Nachbarländer – mit teils deutlich höherer Bioquote – verglichen (ein Beispiel dafür ist die „Agence Bio“ in Frankreich, eine zentrale Anlauf-, Kontroll- und Vernetzungsstelle für Landwirtinnen und Landwirte, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen aus dem Biobereich). Dadurch wurde eine Datenbasis geschaffen, die Handlungsempfehlungen abgibt, was Bayern tun muss, um das Ziel „30% Bio bis 2030“ zu erreichen.
Der Ökomarkt in Bayern
Der Ökomarkt ist grundsätzlich ein sehr stabiler Markt. Er ist, im Gegensatz zu allen anderen Wirtschaftsbereichen, auch während der Finanzkrise zwischen 2008 und 2010 weitergewachsen. Hier zeigt sich die Resilienz des Konsumtrends „ethisch korrekte Lebensmittel“; Öko-Lebensmittel sind längst kein Nischenprodukt mehr.
Der Ökomarkt in Bayern zeichnet sich durch großes Potential, aber geringe Dynamik aus. Und: Bei keinem einzigen Öko-Lebensmittel erreichen wir in Bayern und Deutschland derzeit einen Selbstversorgungsgrad von 100%. Wir sind deshalb immer noch auf Importe angewiesen. Besonders hoch ist der Anteil bei Obst und Gemüse (Importanteil Äpfel: 60%; Gurken 86%). Aber auch andere Produkte wie Bio- Butter werden zu 47% aus Ländern wie Dänemark oder Österreich importiert.
Angesichts der guten Marktentwicklung der letzten Jahre könnten bei weiterer normaler Entwicklung ca. 26% der landwirtschaftlich genutzten Fläche bis 2030 auf biologischen Anbau umgestellt sein. Gleichzeitig muss es auf Seiten der Markt- und Absatzstruktur von Bioprodukten deutliche Verbesserungen geben, um Überproduktionen zu vermeiden.
Handlungsempfehlungen aus der Machbarkeitsstudie:
1. Marktbeobachtung
Derzeit fehlen in den Statistiken wichtige Zahlen zum bayerischen Biosektor, z.B. in den Bereichen Umsatz, Aufschlüsselung der Verarbeitungsstrukturen, etc. Wir fordern die Staatsregierung nochmals nachdrücklich auf, diese wichtigen Zahlen zu erheben. Eine tiefgehende Marktbeobachtung ist die unverzichtbare Grundlage für die Entwicklung einer wirksamen Ökostrategie.
2. KlaresBio-Bekenntnis und entschiedene Kommunikation
Die wichtigste Voraussetzung für die Zielerreichung ist ein klares Bekenntnis der Staatsregierung zu Bio bzw. Bioregional. Die heimische Bioproduktion kann nur gestärkt werden, indem man bio und regional zusammen denkt und nicht gegeneinander ausspielt. Nur dann gelingt eine entschiedene und klare Kommunikation in Richtung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir fordern deshalb die Entwicklung eines „Aktionsplans Bio 2030“ mit eindeutiger Kommunikationsstrategie im Rahmen einer Pro-Bio- Kampagne.
3. Stärkung der Wertschöpfungsketten
Heimische Bioproduzenten scheitern an vielen Stellen an fehlenden Strukturen in der Weiterverarbeitung und Vermarktung. Wir fordern die Stärkung der Bio-Wertschöpfungsketten vom Hof bis zum Verbraucher. Hierzu braucht es vertikale Kooperationen und Vertragssysteme oder Anbauplanung der Verbände. Von den drei stärksten Öko-Wachstumsmärkten (Milch – Fleisch und Eier – Obst und Gemüse) ist der Fleisch- und insbesondere der Milchviehmarkt besonders betroffen: Wegen der guten Marktlage bei Biomilch gibt es viele Kälber. Die weiblichen landen in der Milchwirtschaft; für die männlichen könnten der Biomast zugeführt werden.
4. Schaffung eines Referats Ökolandbau am StMELF und eines Instituts für Ökolandbau an der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
Ökologische Landwirtschaft kann nicht nur aufgrund von zunehmender Flächenumstellung wachsen. Die größere Gewichtung des Ökolandbaus muss sich auch auf institutioneller Eben widerspiegeln. Um die Entwicklung des Ökolandbaus in Bayern optimal zu fördern, wird ein eigenes Referat auf Ministeriumsebene als zentrale Anlauf-, Kommunikations- und Steuerungsstelle benötigt. Darüber hinaus soll eines der Institute am LfL als Öko-Institut umgebaut werden, um den Ökolandbau gleichberechtigt neben der konventionellen Landwirtschaft zu etablieren.
Dabei sind alle wirtschaftlichen Akteure gefordert: Erzeugergemeinschaften, Lebensmittelhandwerk, Verarbeiter, Naturkostfachhandel und Lebensmitteleinzelhandel. Der Staat muss seiner Vorbildwirkung gerecht werden und das Seine dafür tun, die Wertschöpfungsketten und Absatzwege zu stärken.