Meine Eindrücke der US-amerikanischen Landwirtschaft
Mit dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Bayerischen Landtags war ich vom 15. bis zum 21. November 2014 auf Informationsreise in den USA – in Georgia, Partnerregion Bayerns, und dessen Nachbarstaat Florida. Neben Terminen bei landwirtschaftlichen Betrieben unterschiedlicher Ausrichtung standen Treffen mit Vertretern landwirtschaftlicher Verbände und lebensmittelverarbeitender Betriebe auf dem Programm ebenso wie ein Besuch der University of Georgia und der Hauptstadt Atlanta.
Landwirtschaft macht in Florida mehr Umsatz als der Tourismus
Am ersten Tag in Florida besuchten wir die über 10.000 Hektar große Rinderfarm von Henry und George Kempfer, der dort mehr 2000 Rinder hält. Auf der Kempfer-Ranch, die schon in der sechsten Generation betrieben wird, werden überwiegend Brahman-Rinder – eine Zebu-Art – und Angus sowie Kreuzungen aus beiden Rassen auf der Weide gehalten. Bei dieser Art der Muttertierhaltung haben die Rinder richtig viel Platz: pro Rind drei Hektar! Allerdings werden die Kälber leider schon mit acht Monaten zur Mast weiterverkauft.
Auf einer Farm-Tour erfuhren wir, welch große Bedeutung Landwirtschaft und Rinderzucht für Florida haben. In dem Staat, der in Deutschland hauptsächlich für Tourismus und Südfrüchte bekannt ist, werden für den gesamten mittleren Westen Jungrinder gezüchtet – ein Milliardengeschäft, wie auch die gesamte Landwirtschaft, die in manchen Jahren mehr Umsatz macht als der Tourismus. Auch die größte Rinderfarm der USA mit über 100.000 Hektar Größe und 4400 Rindern befindet sich in unmittelbarer Umgebung der Kempfer-Ranch. Trotz der immensen Größe sind über 80 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in den Vereinigten Staaten Familienbetriebe. Henry Kempfer, zugleich Präsident des Rinderzüchterverbands Floridas „Florida Cattlemen’s Association“, und Verbandsgeschäftsführer Jim Handley informierten uns ausführlich über die Herausforderungen der Rinderzüchter in Florida. Besonders aufschlussreich war, dass der Verband durch Umlagen seiner Mitglieder Forschung und Entwicklung selbst in die Hand nimmt und sich nicht auf staatliche Gelder verlassen möchte.
Besuch einer gentechnikfreien Farm
Nächstes Ziel war die Lake Meadows Naturals Farm, die sich gentechnikfreie Produktion auf die Fahnen geschrieben hat – in den USA nach wie vor eine große Ausnahme. Der Chef der Farm, Dale Volkert, kam eher zufällig über seinen Vater in den 1960er Jahren zur Landwirtschaft und dabei insbesondere zur Zucht von freilaufenden Hühnern. Teil des Konzepts von Volkert ist eine Art „Farm zum Anfassen“ mit der Möglichkeit für Kunden, die Eier selbst von den Hühnern zu holen oder in den streichelzooartig aufgebauten Ziegen– oder Gänseställe eine engere Beziehung zur Nahrungsmittelproduktion zu bekommen. Besonders profitabel ist das Konzept durch Direktvermarktung an bekannte Küchenchefs der näheren Umgebung und über den Hofladen.
Gespräch mit Floridas Landwirtschaftsminister
Der Landwirtschaftsminister von Florida, Adam Putnam (Republikaner), sieht die Landwirtschaft Floridas in einer hervorragenden Export-Position mit über 300 verschiedenen Grunderzeugnissen. Dazu brauche man das Freihandelsabkommen mit der EU (TTIP), obwohl für die USA mittlerweile das pazifische Freihandelsabkommen wieder stärker in den Fokus gerückt sei. Er betonte, dass bei TTIP auch Zugeständnisse bei Agrarprodukten unumgänglich seien. Meine Kollegen und ich fragten daraufhin nach Standards im Nahrungsmittelsektor, Agrogentechnik und Hormoneinsatz von Fleischprodukten. Im Gespräch zeigte sich, dass diese Themen in den USA weniger emotional gesehen werden, vielmehr sah Putnam in der Gentechnik die Chance, die Ernährungssituation einer wachsenden Weltbevölkerung zu verbessern – dass wir hier gegensätzlicher Meinung sind, ist nicht Neues. Zugleich betonte er, dass die Nahrungsmittelstandards auch dank des Food Safety Acts sehr hoch seien. In Sachen Regionalität der Produktion setze Florida auf Marketing seiner eigenen Produkte, so dass die Bewohner des Staates bewusst heimische Erzeugnisse kaufen, erklärte Putnam.
Im Anschluss besuchten wir noch den Saftproduzenten Florida Naturals.
Zentrales Thema des Gesprächs mit Dr. Todd Thrift von der Florida University war der Hormoneinsatz in der Rinderzucht, die aus Sicht der betreffenden US-Landwirte eine klare Renditeentscheidung sei. Ein bis fünf Hormongaben im Leben eines Rindes könnten 25 bis 85 Pfund Fleischzuwachs bedeuten. Doch auch er musste einräumen, dass diese Praxis bei informierten amerikanischen Verbrauchern nicht auf Zustimmung stößt.
Beim Besuch des Pflanzenaufzucht-Unternehmens „AgriStarts“ informierte uns der Gründer und Präsident Randy Strode über laborgestützte Setzlingsaufzucht. AgriStarts wurde 1984 gegründet und liefert eine Vielzahl an Setzlingen weltweit aus, angefangen von Blumen über Gemüse bis hin zu seltenen tropischen Pflanzen.