Die Volkshochschule Traunstein hatte zum Besuch der Traunsteiner Landtagsabgeordneten Gisela Sengl im Bayerischen Landtag eingeladen; viele Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung gefolgt. Nach dem Mittagessen in der Landtagsgaststätte und einem einführenden Film über den Bayerischen Landtag stand ein Besuch der Plenarsitzung auf dem Programm, bei dem die Traunsteiner die Debatten über das Bestattungsgesetz und den Mindestlohn verfolgen konnten.
Darüber hinaus hatten die Teilnehmer Gelegenheit, mit Gisela Sengl ins Gespräch zu kommen. Die Sondermoningerin betreibt gemeinsam mit ihrem Mann einen Biolandhof mit Bioladen, und sitzt seit 2013 für die Grünen im Bayerischen Landtag, für die sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende sowie Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung ist. Sengl berichtete über ihre Arbeit im Landtag, an der sie besonders schätze, mit vielen interessanten Menschen in Verbindung und ins Gespräch zu kommen – auch zu Abgeordneten anderer Fraktion gebe es teils gute Kontakte. „Es braucht eine persönliche Ebene trotz aller politischer Differenzen”, so Sengl.
Frustrierend empfinde sie allerdings die Tatsache, dass gute sachliche Argumente oft wegen parteipolitischer Erwägungen nicht zum Zuge kämen. Ein Beispiel dafür gab es in der Vorwoche, als die Grünen im Agrarausschuss mit einem Antrag forderten, dass 30% der Lebensmittel in der staatlichen Gemeinschaftsverpflegung künftig aus ökologischem Anbau stammen sollten. Die Abgeordneten von CSU und Freien Wählern lehnten den Antrag ab; am selben Nachmittag verkündete Ministerpräsident Söder jedoch die Annahme des Gesetzentwurfs vom Volksbegehren, inklusive deutlicher Aufstockung von Bio in der Gemeinschaftsverpflegung. „Dass es hier am selben Vormittag keine Zustimmung gab, nur weil es ein Grüner Antrag war: das fand ich schon enttäuschend”, so Sengl.
Zum Thema Bio wollte eine Besucherin auch wissen, wie es funktionieren solle, den Bioanbau in Bayern auszubauen, wo doch das Angebot schon jetzt größer als die Nachfrage sei. „Es ist genau umgekehrt”, so Sengl, „bei den allermeisten Erzeugnissen wie Gemüse, Obst, Kartoffeln und vielen Getreidesorten liegt das regionale Bio-Angebot deutlich unter der Nachfrage.” Lediglich die Bio-Molkereien könnten derzeit nicht so viele Milchbetriebe aufnehmen, auch um den Bio-Milchpreis zu halten. Natürlich sei es aber trotzdem sinnvoll, den Absatz für Bio-Lebensmittel zu steigern. „Ein riesiger Hebel liegt hier in der Gemeinschaftsverpflegung, zum Beispiel bei staatlichen Kantinen, aber auch in der Schul- und Kita-Verpflegung”, so Sengl. „Wenn es hier feste Bio-Quoten gäbe, würde das der Landwirtschaft in Bayern sehr helfen, auch weil die Gemeinschaftsverpflegung ein gesicherter Absatzmarkt ist.”
Kann Bio die Welt ernähren? Diese Frage stellten die Besucher ebenfalls. „Wir werfen derzeit 30% unserer Lebensmittel weg – und produzieren schon Nahrungsmittel für 12 Milliarden Menschen”, so Sengl. Bio könne natürlich die Welt ernähren, wenn die immensen Verteilungsproblem gelöst würden, und ärmere Länder Unterstützung in Form von Wissenstransfer und eben nicht Lebensmittellieferungen erhielten, damit sie sich selbst versorgen können. „Dass es wichtig ist, regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern, gilt eben nicht nur für uns in Bayern”, so Sengl.
Aber auch das habe sie seit ihrem Einzug in den Landtag gelernt: dass es politisch oft nicht so schnell vorwärts geht, wie man es sich vorstellt. „Aber dafür sind wir eine Demokratie“, betonte Sengl und erntete dafür viel Zustimmung ihrer Gäste.