mit freundlicher Genehmigung von Gitti Sojer
Waging am See. Der Ernährungsrat für den Landkreis Traunstein lud alle Interessierten unter dem Motto „Was kommt auf unsere Teller?“ zur Vollversammlung ins Strandkurhaus nach Waging ein. Die Initiatorinnen mit Beate Rutkowski, Kreisvorsitzende und Mitglied des Landesvorstandes, Helga Geistanger, Convivium Slow Food, und MdL Gisela Sengl, Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, haben heuer im Mai den Traunsteiner Ernährungsrat gegründet. Derzeit bestehen sieben spezifische Arbeitskreise, die sich mit gesunder Ernährung beschäftigen. Anlässlich des Abends wurde gemeinsam mit der Strandkurhausküche eine kleine Bio-Speisekarte erstellt, die den Gästen vorab die Möglichkeit gab, Gerichte aus rein biologischen Produkten zu wählen.
Gisela Sengl, agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag: „Der Ernährungsrat ist vor allem da, dass man sich miteinander vernetzt, sich kennenlernt und zusammenarbeitet. Im Landkreis gibt es erstaunlich viele gute Produkte, die die meisten gar nicht kennen.“ Es ist wichtiger denn je, sich mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen. Die Art und Weise, wie wir uns ernähren, hat große Auswirkungen auf die Gesundheit, Landschaft, Zusammenleben, Klima und auf die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist heute multifunktional – von der Energieerzeugung, als Landschaftsschützer bis hin zum Tourismus. Aber die wichtigste Aufgabe der Landwirtschaft ist immer noch, dass sie für unser Essen sorgt. „Wir prägen mit unserem Essverhalten auch die Art und Weise der Landwirtschaft und damit auch das Landschaftsbild. Wenn wir uns vielfältig, bio und regional ernähren, dann wird man das auch in der Landschaft sehen“ sagte Gisela Sengl. Vielfältiger Anbau, wenig Mineraldünger und ohne chemische Spritzmittel – das ist gelebter Klimaschutz. Sengl sieht auch die Notwendigkeit, dass das Fach „Landwirtschaft und Ernährung“ nicht nur an Grundschulen behandelt werde, sondern auch in Mittel- und Realschulen und an Gymnasien.
Marlene Berger-Stöckl stellte die Arbeit der Ökomodellregion den Besuchern vor. Am „Leuchtturmprojekt“ beteiligen sich mehr und mehr Betriebe aus Ökolandbau und Lebensmittelverarbeitung. Dabei stehen besondere Aktivitäten im Vordergrund wie: die Kooperationen für regionale Bio-Braugerste, Bio-Müsli und Bio-Senf, die Vermarktung des Laufener Landweizens und der Dachmarke „Waginger See Kas“, die Vermarktung von Bio-Fleisch (mit Erzeugergemeinschaft Schlachtvieh Traunstein und dem Schlachthof Laufen), mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung und in Gasthäusern, das Pflanzen von inzwischen mehr als 1.500 Streuobstbäumen, das Tourismuskonzept (Bio-Genussangebote und -Radtouren), ein ökologisches Pflegekonzept für kommunale Grünflächen, mehr regionales Eiweißfutter und Extensivierungen. Ein Schwerpunkt bleibt die Stärkung der bio-regionalen Vermarktung. „Das Krankenhaus Fridolfing setzt inzwischen 20% Bio-Produkte ein“ freute sich Marlene Berger-Stöckl. Auch das neu gegründete Biowirte-Netzwerk greife auf mehr heimische Bio-Produkte zurück. Schön sei auch, dass immer mehr Gemeinden zu bestimmten Anlässen Körbe mit bio- und regionalen Produkten verschenken.
Die Leiterinnen und Leiter der Arbeitsgruppen berichteten anschließend über Erfolge und Misserfolge in ihren Arbeitsbereichen. Mehr berufliche Wertschätzung der „Hauswirtschafterin“ forderte Beate Keller (Verbraucherservice Bayern) in ihrem Statement. Die Ansprüche, die dieser Beruf mit sich bringt, werden von der Gesellschaft kaum beachtet oder sind gar vergessen. Das Wissen und handwerklichen Fähigkeiten sollten unbedingt wieder zurückgeholt und gefördert werden. Eine stärkere Kooperation mit Erlebnisbauernhöfen und die Nutzung von Förderprogrammen strebt der Arbeitskreis Ernährungsbildung unter Leitung von Barbara Forster an. Hier sei schon viel erreicht worden. Allerdings sei eine gute Ausstattung mit Schulküchen und Speisesälen Voraussetzung. Auch müsse Personal dringend aufgestockt werden. Forster zeigte an Hand einiger „Best-practice“ Beispiele, mit welchen Begeisterung die Kinder beim Kochen und Backen dabei seien. Bei Gemeinschaftsverpflegungen in den Kommunen wünscht sich der Traunsteiner Stadtrat Thomas Stadler mehr praktischen Umsetzung im Landkreis. Immer wieder würden die Kosten den Ausschlag geben, Folgekosten und Umweltschäden seien dabei aber nicht eingepreist. In der Arbeitsgruppe Gastronomie strebt Helga Geistanger die Sichtbarmachung vorhandener Erzeugnisse, v.a. aus Kleinbetrieben an. Mit Hilfe einer digitalen Plattform kann eine zuverlässige Versorgung mit regionalen Bioprodukten gewährleistet werden.
Beate Rutkowski, Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz (BN) informierte die Besucher über das weitere Vorhaben des Ernährungsrates. Schwerpunktmäßig werde intensiv an einer Vermarktungsplattform gearbeitet. Im Frühjahr will der Ernährungsrat eine Ausstellung zum Thema „Lebensmittelverschwendung“ organisieren. Geplant sei zudem die Erstellung einer Broschüre mit Einkauftipps für die Verbraucher sowie die Beteiligung beim Ernährungsrat-Kongress in München im kommenden Jahr. Über eine Erstellung einer eigenen Homepage wird ebenso nachgedacht. Bürgerinnen und Bürger, die sich gerne an den diversen Arbeitskreisen mit ihren Ideen einbringen wollen, sind jederzeit willkommen und können sich bei Peter Beisser melden unter der Telefonnummer 08681-4778882 oder per Mail: beisser.peter@t-online.de