Die Art und Weise, wie wir essen, ist eine der zentralen Fragen unserer Zeit. Essen berührt Gesellschaft, Gesundheit, Kultur, Wirtschaft und Umwelt. Immer mehr Menschen achten auf Ursprung, Erzeugung und Verarbeitung ihrer Lebensmittel und interessieren sich dafür, was in ihrem Essen drin ist. Sie entwickeln eine Ernährungskultur, die Genuss und gutes Gewissen miteinander verbindet, und möchten sich und ihre Familien bewusst, gesund und nachhaltig, mit Produkten aus der Region und aus ökologischem Anbau, versorgen. Laut Ernährungsreport 2017 wünschen sich 90 % der Deutschen einheitlich hohe Qualitätsstandards, am besten Bio, in der Außer-Haus-Verpflegung von Kindern und Jugendlichen, also an Kindergärten, Schulen und anderen Betreuungseinrichtungen.
Tatsächlich kommt der Außer-Haus-Verpflegung auch gesellschaftlich ein immer größerer Stellenwert zu: immer mehr Erwachsene und Kinder essen zumindest mittags auswärts; in vielen Haushalten wird immer weniger gekocht. Und: die ernährungsbedingten Krankheiten nehmen immer weiter zu – allein in Bayern sind zum Beispiel bereits 8,8 % der Vorschulkinder übergewichtig.
Darüber hinaus beeinflusst unsere Ernährung auch Natur und Kulturlandschaft, hier bei uns und weltweit. Seit die landwirtschaftliche Produktion, der Handel und das Essen globalisiert sind, drohen viele Dinge, die unser Leben in unserer Region ausmachen, verloren zu gehen: die abwechslungsreiche Kulturlandschaft, das Lebensmittelhandwerk, die gewachsenen Dorfkerne mit Lebensmittelladen.
Gründe genug, hier aktiv zu werden: auf meine Initiative haben sich verschiedenste gesellschaftliche Akteure aus dem Landkreis Traunstein zusammengeschlossen, um einen Ernährungsrat für den Landkreis zu gründen. Nach gemeinsamer Vorarbeit mit Helga Geistanger von Slow Food und Beate Rutkowski vom Bund Naturschutz fand am 15. Juni das erste Treffen statt – und war ein voller Erfolg!
Ziel des Ernährungsrats soll eine nachhaltige, gerechte und ökologische Lebensmittelversorgung der Region sein. Durch die Zusammenarbeit von Verbrauchern und Vertretern aus Landwirtschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft soll eine lokale Ernährungspolitik entstehen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Regionale Vermarktung und die regionale Wirtschaft sollen durch lokale Erzeugung, Weiterverarbeitung, Vermarktung und Verbrauch gestärkt werden.
- Eine Ökologisierung der Produktion im Landkreis gewährleistet ein Mehr an gesunden Lebensmitteln und schützt gleichzeitig Wasser, Boden, Klima und Tiere in der Region (und weltweit).
- Gutes Essen bei uns im Landkreis soll nachhaltige und regionale Wertschöpfungskreisläufe in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung schaffen und stärken. Dadurch sollen lokale Nahrungsproduzenten gestärkt werden.
- Durch Ernährungsbildung soll das Thema gesunde Ernährung für alle Bürgerinnen und Bürger des Landkreises zugänglich werden, und damit langfristig ein Bewusstseinswandel der Bevölkerung erreicht werden – unter dem Motto „Gesund schmeckt gut!“
Bei der anschließenden Diskussionsrunde, in der jeder Ideen oder Vorschläge vorbringen konnte, kam eine große Sammlung an Gedanken zusammen. Diese reichen von einer hochwertigeren und günstigeren Schulverpflegung zu Besuchen bei Bauernhöfen und der konkreten Unterstützung regionaler und biologischer Lebensmittelproduktion. Das nächste Treffen des Ernährungsrats ist nach der Sommerpause geplant. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben. Wir freuen uns über alle, die mitmachen wollen!