Der Landtag debattiert in diesen Tagen den Doppelhaushalt 2019/2020. Gerade im Bereich Landwirtschaft sind viele Fragen offen. Die Landwirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte ist viel zu sehr auf den Weltmarkt ausgerichtet, absolut alles wird der Betriebswirtschaft untergeordnet. Auch dieser Haushaltsentwurf ist wieder so wie viele vor ihm. Das reicht aber nicht mehr! Hier geht’s zu meiner Rede und unseren Änderungsanträgen zum Haushalt:
Wissen sie, was in diesem Frühjahr ein absoluter Verkaufsschlager war? Was wurde so stark nachgefragt, dass die Hersteller kaum noch liefern konnten? Es waren Samentütchen für Blumenwiesen. Ganz Bayern wollte in diesem Frühling eine Blumenwiese ansäen, um den Bienen und Schmetterlingen zu helfen. In jedem Garten schien es einen Fleck zu geben, der in eine Bienenweide verwandelt werden konnte. Und auch wir haben auf unserem Bio-Betrieb eine tagwerkgroße Blumenwiese angesät – sogar ganz ohne Patenschaften. Einfach, weil es uns das wert ist und wichtig ist.
Ja, es geht um Wertschätzung. Zum Beispiel um die Wertschätzung der Bestäubungsleistung von Honigbienen und Wildbienen. Aber es geht auch um die Wertschätzung von allen Menschen, die in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelbranche arbeiten. Wertschätzung, dieses Wort ist in den letzten Wochen gerade von Bäuerinnen und Bauern so oft gesagt, so oft eingefordert und ihr Mangel so bitter beklagt worden. Damit hat das Volksbegehren in unserer Gesellschaft eine wichtige Diskussion angestoßen: Über Verantwortung und über eine zukunftstaugliche Landwirtschaft. Und einen großen Teil dieser Verantwortung trägt die Politik.
Die Landwirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte ist viel zu sehr auf den Weltmarkt ausgerichtet, absolut alles wird der Betriebswirtschaft untergeordnet. Diese Politik hat große Verluste in Kauf genommen: den Verlust von Feldvögeln, Insekten und Bienen, den Verlust von sauberem Wasser und den Verlust von kleinen Höfen und lebendigen Dörfern. Und sie hat dabei zugesehen, wie die Wertschätzung der Arbeit in der Landwirtschaft gesunken ist.
Unsere grüne Landwirtschaftspolitik macht es genau anders: Wertschätzung ist das Fundament unserer Politik. Die Arbeit, mit der unsere Lebensmittel auf den Feldern angebaut werden, muss sich lohnen. Die guten Ideen und die Zeit, die Menschen investieren, um ihren Nutztieren ein komfortableres Leben zu ermöglichen, muss honoriert werden. Es muss uns interessieren, welche Wege und Möglichkeiten es für eine echte nachhaltige und damit zukunftstaugliche Landwirtschaft gibt. Dafür ist der Ökolandbau natürlich ein gutes Vorbild.
Wir wollen zuhören und Wege finden, Landwirtschaft und Gesellschaft wieder zusammen zu bringen. Und wir kämpfen für die Wertschätzung für die Leistungen der Natur, die sie einfach so für uns Menschen zur Verfügung stellt. Wir können und müssen also sehr viel verändern. Wir wollen, dass Naturschutz und Landwirtschaft Partner werden.
Unsere Änderungsanträge zum Haushaltsplan 08 sind genau an diesem Ziel orientiert und auch, wenn hier alle Änderungsanträge abgelehnt werden, bin ich zuversichtlich. Mit gutem Grund: Unseren Antrag zu den Ökomodellregionen hat Ministerin Kaniber gleich im Vorfeld abgeräumt. Anstatt nur 6 neue Modellregionen anzunehmen, wie ursprünglich geplant in diesem Jahr, wurden letztendlich sogar 15 neue Regionen zu Ökomodellregionen ernannt. Darüber bin ich wirklich froh, denn Ökomodellregionen arbeiten genau so, wie wir alle uns das wünschen: regional angepasst, ohne bürokratischem Aufwand, konventionelle Bauern und Biobauern arbeiten zusammen, und – das wichtigste: die Verarbeitung und die Vermarktung der Lebensmittel wird von Anfang mitgedacht. Das Konzept Ökomodellregion macht dem Namen des Ministeriums alle Ehre: es heißt ja schließlich: Staatsministerium für Landwirtschaft und Ernährung!
Die Ökomodellregionen sind ein kleiner Topf in diesem Haushalt, aber mit großer Wirkung: Sie sorgen für Bewusstseinsbildung in Bezug auf Lebensmittel, schaffen Arbeitsplätze und bieten für bäuerliche Betriebe große Chancen abseits eines Weltmarkts, auf den sich keiner mehr verlassen kann und will. Die Ökomodellregionen zeigen vorbildlich, wie Landwirtschaft und Artenschutz zusammen funktionieren können. Und ich hoffe sehr, dass sie ein beständiger und gut ausgestatteter Bestandteil bayerischer Landwirtschaftspolitik werden. Schließlich verfolge ich seit Jahren das Hü und Hott der Staatsregierung, wenn es um die Stärkung der ökologischen Landwirtschaft geht.
Da wäre auch einmal ein klares Bekenntnis zu Bio-Essen von Seiten der Staatsregierung eine echte Hilfe. Denn Bio-Essen z. B. in staatlichen Kantinen sichert die Abnahme und sorgt für stabile Preise. Aber nicht nur die Staatsbediensteten und Minister*innen sollen mehr Bio essen. Wir möchten den Bio-Anteil in der gesamten Gemeinschaftsverpflegung erhöhen und fordern, dass der Staat dies unterstützt. Allein, wenn alle Joghurts, die im Durchschnitt von den Kindern in Kindertagesstätten und Schulen verspeist werden, in Zukunft Bio wären, bräuchten wir dafür vierundzwanzig „neue“ Bio-Milchbetriebe. Damit wäre die Warteschlange der Milchbetriebe, die auf Bio-Milch umsteigen möchten, gleich kürzer.
Damit die Kantinen den Bio-Einstieg gut schaffen, brauchen sie Beratung und Coaching, denn nur mit „Kochen“ ist es nicht getan. (Die Lieferanten lernt man auf einmal persönlich kennen, manchmal gibt es nur saisonales Gemüse oder massenweise Salat.) Auch das Küchenpersonal sollte die Gründe der Umstellung nachvollziehen können und mittragen. Wie erfolgreich Bio-Kantinen damit sind, zeigen Beispiele aus Dänemark oder Frankreich. Hier täte es gut, über den bayerischen Tellerrand zu blicken. Wir müssen vieles gar nicht neu erfinden, sondern nur schauen, wie gut das andere schon machen. Nachmachen ist durchaus erlaubt!
Und auch wenn uns die gute Entwicklung bei den Ökomodellregionen freut, stimmt mich der Betrag, den die Staatsregierung für einzelbetriebliche Investitionsförderung ausgeben will, weniger zuversichtlich. Mit 15 Millionen Euro im Jahr soll das Tierwohl verstärkt berücksichtigt werden. Das klingt im ersten Augenblick nicht schlecht. Aber wird es wirklich helfen, zum Beispiel die Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung zum Umbauen zu bewegen? Leider glauben die Kolleginnen und Kollegen von CSU und FREIEN WÄHLERN noch immer, dass mehr Tierwohl nur durch neu gebaute – und im häufigsten Fall auch durch größer gebaute – Ställe möglich ist. Da irren sie sich. Denn Weidehaltung ist für die Gesundheit von Kühen am besten. Ja, eigentlich ist jedes Tier gesünder und ich behaupte auch, jedes Tier ist glücklicher, wenn es Luft und Licht bekommt und sich so bewegen kann, wie es will.
Deshalb möchten wir mit unserem Antrag einen Teil des Geldes nehmen, um die Weidehaltung besser zu fördern. Denn Weidehaltung muss bei der Förderung von Tierwohl eine Rolle spielen. Die Gesellschaft schätzt Betriebe, die ihre Tiere auf die Weide lassen. Wer Tiere auf der Weide sehen und möglicherweise auch riechen kann, bekommt einen anderen Bezug zur Landwirtschaft.
Nebenbei ist nachhaltig beweidetes Grasland ein sehr guter Kohlenstoffspeicher und kann viel Wasser aufnehmen. In Zeiten eines spürbaren Klimawandels ist beides für die Landwirtschaft sehr wichtig. Kühe sind perfekte Grasverwerter und helfen uns – anders als vielfach behauptet, das Klima zu schützen. Tierwohl und Klimaschutz ergänzen sich bei der Weidehaltung perfekt und deshalb fordern wir eine bayerische Weideinitiative.
Dieser Haushalt ist wie viele Haushalte vor ihm. Das reicht aber nicht mehr. Die Probleme sind drängend und fordern uns heraus. Es ist Zeit, zu gestalten, Zeit, um Veränderungen anzustoßen und umzusetzen. Gelder, die das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ausgibt, müssen sich daran messen lassen, wie nachhaltig sie sind. Jeder Euro und jede Förderung.
Der bayerische Weg heißt übersetzt: es geht um eine Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft, dafür haben wir in Bayern die besten Voraussetzungen, wir haben eine Gesellschaft, die bereit ist dafür und Bäuerinnen und Bauern, die das können!