„Die Justiz auch und gerade in Bayern steht kurz vor dem Kollaps“ – einen regelrechten Hilferuf hatte der Richterverein an alle oberbayerischen Abgeordneten gesendet. Ich habe mich daraufhin mit Vertretern der Gerichte und der Staatsanwaltschaft im Traunsteiner Gericht getroffen. Themen waren unter anderem die gravierenden Personalengpässe, der Sanierungsstau und die schleppende Digitalisierung in der Justiz.
In der Justiz gibt es einen großen Personalnotstand – das habe ich vor allem aus den Gesprächen mitgenommen. Die Justiz muss dringend personell besser ausgestattet werden. Es gibt zu wenig Richter*innen und Staatsanwält*innen, um von der Polizei übergebene Fälle zeitnah bearbeiten zu können. Aktuell liegt die Belastung der Staatsanwält*innen in Traunstein bei 136 Prozent, das heißt, dass nur durch zahlreiche Überstunden das Arbeitsaufkommen überhaupt abgearbeitet werden kann. Bei der Staatsanwaltschaft Traunstein gebe es derzeit einen Fehlbestand von 15 Staatsanwält*innen, beim Landgericht Traunstein seien es fünf Richter*innen zu wenig. Außerdem fehlten an allen Ecken und Enden IT-Spezialist*innen, die sich um die steigende Cyber- und Internetkriminalität kümmern könnten. Die bayernweit 30 neuen Stellen, die gerade genehmigt wurden, reichen da nicht aus.
Auch die Sanierung der Gebäude, insbesondere des Traunsteiner Sitzungssaalgebäudes, sei dringend notwendig – davon konnte ich mir bei einer kurzen Führung selbst ein Bild machen. Die Justiz repräsentiert ja den Staat, entsprechend sollten auch die Gebäude repräsentativ wirken. Zwar wurden gerade einige Sanierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht; die Genehmigungsverfahren sind aber ausgesprochen lang und schwerfällig. Es ist zu hoffen, dass das Staatliche Bauamt die bereits fertigen Pläne für die Sanierung und Aufstockung des Sitzungssaalgebäudes nun zügig realisiert.
Einiges zu tun gibt es auch beim Thema Digitalisierung: noch immer müssen Akten in Papierform bearbeitet werden. Ohne Digitalisierung ist effektives Arbeiten heutzutage aber nur schwer möglich! Die Justizminister*innen der Länder müssen sich jetzt gemeinsam auf ein System einigen, und ich hoffe, dass dieses dann auch zeitnah umgesetzt wird.
Mein Fazit nach dem Gespräch: Wir in Bayern und Deutschland sind verwöhnt von einer gut funktionierenden, verlässlichen dritten Staatsgewalt. Aber damit unsere Justiz weiterhin gut arbeiten kann, muss sich einiges ändern – und zwar schnell.