Bayerische Agrarpolitikerin Gisela Sengl unterstützt Volksabstimmung
Demnächst entscheiden die Bürger der Südtiroler Gemeinde Mals per Volksabstimmung über die weitere Verwendung von Pestiziden auf ihrem Gemeindegebiet. Anfang August machte ich mir selbst ein Bild von der Situation vor Ort. Gerade das Spannungsfeld zwischen Tourismus und Landwirtschaft kenne ich ja aus eigener Erfahrung aus unserem schönen Chiemgau. Hier der Pressebericht:
Das Ergebnis könnte richtungsweisend sein für die Landwirtschaft in Europa: vom 22.8. bis zum 5.9.2014 können die Bürger der Südtiroler Gemeinde Mals darüber abstimmen, ob ihre Gemeinde pestizidfrei werden soll. Die Gemeinde liegt im Vinschgau, einem bekannten Obstanbaugebiet – jetzt steht die im intensiven Obstanbau übliche Pestizidausbringung dort zur Volksabstimmung. Gisela Sengl, die agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag, ist überzeugt: „Ein positives Ergebnis dieser Volksabstimmung wäre richtungsweisend für die gesamte europäische Landwirtschaft. Agrarsubventionen müssen in Zukunft viel mehr an Gemeinwohl und Umweltschutz gebunden werden. Mit Spannung erwarte ich den Ausgang der Volksabstimmung und wünsche den Menschen und ihrer schönen Heimat Mals ganz viele Ja-Stimmen.“ Anfang August besuchte sie die Gemeinde Mals, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen, und sprach mit Bürgermeister der Marktgemeinde Mals, Ulrich Veith und dem Initiator der Bürgerinitiative, Dr. Johannes Fragner-Unterpertinger.
Hecken und Feldgehölze im Wechsel mit Ackerflächen und überwiegend Grünland prägen die kleinstrukturierte Kulturlandschaft der Marktgemeinde Mals im Oberen Vinschgau in Südtirol. In den Hausgärten wachsen hohe Äpfel- und Birnbäume, Pfirsiche und Kirschen.
Doch Klimawandel, Sortenzüchtung und extrem hohe Subventionen führen dazu, dass der intensive und industrialisierte Südtiroler Obstanbau Meter um Meter an Meereshöhe überwindet und in den letzten Jahren auch im hochgelegenen Mals angekommen ist.
Die damit verbundenen starken Veränderungen für Landschaft, Umwelt und Lebensraum sind offensichtlich. Die vielen ortsansässigen Vieh- und Ackerbauern sehen sich einer zunehmenden Verdrängung und stark steigender Pachtpreise ausgesetzt. Bedrohlich für alle ist die gesundheitsgefährdende Ausbringung von Pestiziden, wie sie im intensiven Obstanbau üblich ist.
Laut Bürgermeister Ulrich Veith ist eine Besonderheit im Gemeindegebiet im Umgang mit Pestiziden besonders zu beachten: Der Vinschger Oberwind, ein beständiger Fallwind, verursache einen oft kilometerweite Abdrift der Pestizide. Spuren der Spritzmittel fänden sich auf Wiesen und im Heu, auf Schulhöfen, in Kindergärten und Hausgärten.
Schon 2010 erstellte die Gemeinde Mals deshalb einen Leitfaden für die Erstellung von neuen Obstanlagen, um einen intensiven Obstanbau innerhalb eines ausreichenden Nachbarschafts- und Landschaftsschutzes zu ermöglichen. Zusammen mit dem Südtiroler Bauernbund, dem Beratungsring, dem Land-und Forstwirtschaftlichen Zentrum Laimburg wurde eine Broschüre mit Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der Kulturlandschaft und Handlungsempfehlungen zur Verhinderung von chemisch-synthetischen Spritzmitteleinträgen in die Umgebung herausgegeben.
Leider haben die Bemühungen um ein friedliches und verantwortungsbewusstes Nebeneinander von Obstanbau und Grünlandwirtschaft bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Die maximale Ausbeutung der Anbauflächen und eine rücksichtslose Ausbringung von giftigen und gesundheitsgefährdenden Spritzmitteln geht unvermindert weiter, auch mit großer Unterstützung durch den Südtiroler Bauernbund.
„Captan, Chlorpyrifos und Glyphosat vergiften Menschen und Heimat“ empört sich Apotheker Dr. Johannes Fragner-Unterpertinger. „Eine Gesellschaft, in der finanzielle Vorteile über die Gesundheit der Menschen gestellt werden, hat keine Zukunft!“ Fragner-Unterpertinger verfasste zusammen mit Ärzten, Tierärzten, Biologen und anderen Apothekern ein Manifest für den Schutz der Gesundheit und für den nachhaltigen Umgang mit Boden, Wasser und Luft. Dieses Manifest bildet die Grundlage der Volksabstimmung (Wortlaut siehe unten).
Die Initiatoren der Volksabstimmung stehen Wandel und Entwicklung ihrer Heimat aufgeschlossen gegenüber. Doch für sie ist auch klar: Landwirtschaft und Umwelt sind untrennbar verbunden. Naturschutz und Landwirtschaft bilden die Grundlagen eines lebendigen und vielfältigen ländlichen Lebensraums. Gerade für touristisch interessante Landschaften wie den Oberen Vinschgau gibt es wirtschaftliche Alternativen zum intensiven Obstanbau. Regionale Produkte, gesunde Luft, sauberes Wasser und eine intakte Landschaft gewinnen immer mehr an Wert.
Sengl ist überzeugt: „Ein positives Ergebnis dieser Volksabstimmung wäre richtungsweisend für die gesamte europäische Landwirtschaft. Agrarsubventionen müssen in Zukunft viel mehr an Gemeinwohl und Umweltschutz gebunden werden. Mit Spannung erwarte ich den Ausgang der Volksabstimmung und wünsche den Menschen und ihrer schönen Heimat Mals ganz viele Ja-Stimmen.“
Vom 22. August bis zum 5. September können alle Malser Gemeindebürger über folgenden Wortlaut mit Ja oder Nein abstimmen:
„Sind Sie dafür, dass in der Satzung der Gemeinde Mals folgender Artikel eingefügt wird:
Das Vorsorgeprinzip zum Schutz der Gesundheit besagt, dass sämtliche Maßnahmen getroffen werden, die eine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier vermeiden helfen. Als besondere Zielsetzung der Gemeinde Mals wird deshalb der vorsorgliche Schutz der Gesundheit von Gemeindebürgern und Gästen, ein nachhaltiger Umgang mit Natur und Gewässern, sowie die gleichberechtigte, unbeschadete Ausübung verschiedener Wirtschaftsformen auf dem Gemeindegebiet verfolgt. Um dies zu gewährleisten, wird auf dem Malser Gemeindegebiet der Einsatz biologisch abbaubarer Pflanzenschutzmittel gefördert. Mit nachfolgender Verordnung wird diese Bestimmung im Detail umgesetzt. Unabhängig von dieser ist der Einsatz sehr giftiger, giftiger, gesundheitsschädlicher und umweltschädlicher chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel und Herbizide auf dem Gemeindegebiet nicht zugelassen. Für die Umsetzung und Einhaltung des Volksentscheides sorgt die Gemeindeverwaltung.“