Das erfolgreiche Volksbegehren hat anscheinend einen Bewusstseinswandel bei der bayerischen Staatsregierung ausgelöst: nun will sie nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die bayerische Landwirtschaft retten – beides hat sie über Jahrzehnte schmählich vernachlässigt. Aber während es in Bayern – mit dem großen Druck aus dem Volk – endlich vorwärts zu gehen scheint, sind auf EU-Ebene immer noch rückwärtsgewandte Kräfte am Drücker, die CSU- und FW-Vertreter mittendrin: Vor kurzem hat der Agrarausschuss des EU-Parlaments, mit den Stimmen der Konservativen, Liberalen und vieler Sozialdemokraten, beschlossen, dass die Förderung über die Hektarprämie in der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) weitgehend unangetastet bleiben soll. Davon aber profitierten in erster Linie die flächenstarken Großbetriebe in Ostdeutschland. Die kleinen und mittleren Höfe in Bayern, also gerade Betriebe im Nebenerwerb, haben das Nachsehen. Die Themen Biodiversität und Umweltschutz finden sich außerdem überhaupt nicht in den neuen Agrarzahlungs-Vorschlägen.
Dieses Festhalten am ewigen Gestern hilft aber weder der Artenvielfalt noch den Bäuerinnen und Bauern. Das haben mittlerweile auch viele Landwirte verstanden. Bayern muss nach dem Volksbegehren für die Landwirte Anreize schaffen, muss die notwendigen Maßnahmen für die landwirtschaftlichen Betriebe auch finanziell interessant machen. Auch für die vielen Nebenerwerbslandwirte in Bayern könnte vieles davon lukrativ sein. Aber genau dieses Geld wird nach jetzigem Stand der neuen GAP fehlen. Wenn die Staatsregierung es ernst meint, muss sie dafür sorgen, dass in Brüssel mehr Geld dafür zur Verfügung gestellt wird. Momentan passiert genau das Gegenteil.
Deshalb entscheidet sich bei der kommenden Europawahl die Zukunft: die Zukunft unserer Landwirtschaft, unserer Ernährung, unserer Artenvielfalt. Denn gleich nach dieser Wahl wird endgültig die gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP) für die kommenden sieben Jahre beschlossen. Hier werden die Weichen gestellt, wie die Agrarsubventionen, dieser riesige Posten im EU-Haushalt (58 Milliarden Euro, also 38% des EU-Haushalts) künftig ausgegeben werden.
Für uns Grüne ist klar: sie müssen umverteilt werden. Europa braucht eine neue Agrarpolitik. Die flächengebundenen Prämien, von denen hauptsächlich Großbetriebe profitieren, müssen abgeschafft werden. Andernfalls wird die Akzeptanz der Agrarzahlungen noch stärker sinken. Stattdessen müssen die EU-Gelder an einheitliche Maßnahmen und Standards, die einer Verbesserung von Tierwohl und dem Erhalt der Artenvielfalt dienen, gebunden werden. Und wir wollen, dass die ersten Hektare viel stärker gefördert werden. Besonders die bayerischen, vergleichsweise klein strukturierten Betriebe hätten hier einen Vorteil und würden profitieren. Und das ist absolut wünschenswert – denn gerade diese Betriebe gilt es zu erhalten, betreiben sie doch Landwirtschaft, wie wir sie uns wünschen!