Text von Pia Pollinger
Gleich am ersten Tag meines Praktikums darf ich Frau Gisela Sengl zu einem Termin begleiten. Ich werde mit der Aufgabe betraut, während des Besuchs Fotos zu machen und Informationen für den Besuchsbericht zu sammeln. Es geht auf den Bio-Bauernhof der Familie Koch, direkt rein ins Thema Landwirtschaft.
Bei Teisendorf im Berchtesgadener Land liegt der kleine Hof etwas versteckt auf einem Hügel, der Blick auf die umliegende Berglandschaft ist beeindruckend. Wir werden herzlich von Rupert und Rosa Koch, Sohn Rupert junior und Hans Eisenbichler, vom Ortsverband der Grünen in Teisendorf empfangen. Rupert Koch senior hat den Hof von seinem Vater übernommen, er kann gar nicht mehr sagen, seit wie vielen Generationen die Familie den Hof schon bewirtschaftet.
Vor ca. 6 Jahren haben die Kochs ihren Milchviehbetrieb auf Bio umgestellt. Sie bewirtschaften 19,5 ha Land mit 30 Milchkühen und eigener Nachzucht. Außerdem beteiligen sie sich am Vertragsnaturschutzporgramm (VNP), so betreiben bewirtschaften sie zusätzlich ca. drei Hektar extensive Weide bei Zellberg, die sie gepachtet haben, und weitere 13 ha Wald. Damit tragen sie zur Sicherung der Artenvielfalt in Wald in Wiese bei. Die Weide werden wir zum Abschluss unseres Besuchs noch anschauen.
Mit ihrer Milch beliefern sie nach wie vor die Milchwerke Berchtesgadener Land in Piding. Bei der Umstellung gab es wenig Probleme, auch wenn die Milchleistung anfangs deutlich geringer war und nun mit 6.500 Litern immer noch unter den davor üblichen 7.800 Litern liegt. Das sei jedoch kein Problem und auch der Sinn eines Bio-Betriebs, nicht immer das Maximum rausholen zu müssen, so Rupert jr.. Die Vernachlässigung kleiner Milchviehbetriebe und der langjährige Drang zur Vergrößerung kamen neben der Problematik von tierwohlgefährdenden Transporten im Austausch zwischen Landwirt und Landtagsabgeordneter auch zur Sprache. Es besteht Einigkeit darin, dass eine viel- und kleinstrukturierte Landwirtschaft noch stärker gefördert werden muss und Tierwohl und Naturschutz an erster Stelle stehen sollten.
Nach der spannenden Unterhaltung wollen wir nun natürlich den ganzen Hof und die Tiere sehen. Rupert führt uns auf einen Teil seiner Kuhweide. Die Kühe beäugen interessiert die Besucher, und wir bewundern die ländliche Idylle mit Obstbäumen, weiten Wiesen und glücklichen Tieren. Zu hören sind nur muhende Kühe und zahlreiche „So schee!“ von Gisela. Mit Unterstützung des Landschaftspflegeverbandes des Landkreises Berchtesgadener Land konnte am Rand der Weide eine ökologische Hecke mit 250 Sträuchern gepflanzt werden, ein weiteres Projekt zum Artenschutz. Weiter geht der Rundgang vorbei an bunten Blumen- und üppigen Gemüsebeeten, zum Kuhstall. Stall und Weide sind offen miteinander verbunden, sodass die Tiere immer rein und raus können, wie sie wollen, erklärt Ruppert. Gemolken werden die Tiere zweimal täglich, morgens gegen 5.30 Uhr und nachmittags gegen 16.00 Uhr. Bei einer kleinen Kaffeepause mit natürlich von Bäuerin Rosa selbstgebackenen Krapfen und Bavesen erzählt Rosa Koch: „Wir sind einfach zufrieden und schätzen alles was wir haben.“
Nach der Stärkung geht es weiter zur extensiven Pacht-Weide der Kochs, nähe Zellberg. Die Bewirtschaftung unterliegt strengen Auflagen: Düngen und ist nur in seltenen Fällen, Mähen und Beweidung nur zu vorgegeben Zeiten im Jahr erlaubt. Rupert jr. erachtet das als sinnvoll: „Mit zuviel Gülle ist die Artenvielfalt weg.“ Jetzt im September blühen nur noch wenige Blumen und die Wiese ist eher grün als bunt. Doch im Frühling und Sommer gibt es hier ein Blumenmeer, daher nimmt sich Gisela Sengl fest vor, zur Blühzeit nochmal zu kommen und die florierende Artenviefalt zu bewundern. Zum Schutz der Arten sind neben extensiven Weiden auch Feldraine eine gute Möglichkeit. Dabei lassen Bauern an ihren Feldrändern einen Streifen stehen, um Raum für Insekten zu erhalten. „Ein Meter Blühstreifen an den Feldern bringt schon etwas“, so der Appell der Landtagsabgeordnete an Landwirte.
In Gedanken an blühende Sommerwiesen endet der Besuch auf dem Bio-Bauernhof der Familie Koch. Höfe wie der der Kochs zeigen die Bedeutung von regionaler Landwirtschaft für Menschen, Tiere und Natur. Für mich war der Termin ein erster Einblick in die Tagesgeschäfte einer Landtagsabgeordneten mit spannenden Gesprächen und neuen Perspektiven auf die regionale Landwirtschaft, seien sie politisch, wirtschaftlich oder ganz persönlich.