Gemeinsam mit der Landesvorsitzenden Sigi Hagl reiste ich durch Österreich, um uns über die Rahmenbedingungen für eine bessere regionale, faire und ökologisch verträgliche Landwirtschaft zu informieren. Österreich setzt auf Regionalität und Bio – und das schon sehr lange. Beim Kauf und der Wertschätzung regionaler und ökologischer Lebensmittel nimmt Österreich eine Vorreiterrolle ein. Das kommt nicht von ungefähr, sondern hat mit entsprechenden Marktstrategien und politischen Rahmenbedingungen zu tun. Wir machten uns ein Bild vor Ort und führen Gespräche mit relevanten Akteuren entlang der heimischen Lebensmittelkette. Bayern kann hier einiges lernen.
So schafft der österreichische Staat mit seinem AMA-Biosiegel einen Anreiz für Bauern auf einen Öko-Betrieb umzustellen. AMA steht für die AgrarMarkt Austria, welche das Gütesiegel verwaltet und kontrolliert. Es handelt sich um ein geschütztes, unabhängiges Gütesiegel, mit dem biologisch erzeugte Lebensmittel ausgezeichnet werden, die qualitativ die gesetzlichen Vorgaben übertreffen. Beim rot- weiß-roten AMA-Biosiegel mit der Herkunftsangabe „Austria“ müssen beispielsweise alle landwirtschaftlichen Bio- Rohstoffe ausschließlich aus Österreich stammen. Somit soll die ständig wachsende Nachfrage nach Bio gezielt auf regionale Produkte gelenkt werden. Das bayerische
Bio-Siegel, das sich an dem AMA-Biosiegel orientiert, ist ein guter Beweis dafür, dass Bayern von Österreich lernen kann.
Bonus-Malus für die Milcherzeuger
Bei einer Führung bei der österreichischen Genossenschafts-Molkerei “Gmundner Milch”, einer der größten Molkereigenossenschaften Österreichs, sprachen wir mit dem stellvertretenden Geschäftsführer Silvio Kickinger über Milchpreis- und Vermarktungsstrategien. Die Molkerei, die Milch aus ganz Oberösterreich und teilweise Niederösterreich erfasst, führte Anfang dieses Jahres ein „Bonus- Malus-System“ ein, mit der Absicht die seit Dezember 2015 ungewöhnlich hohen Milchmengen durch den typischen saisonalen Anstieg nicht noch weiter steigen zu lassen. Den Erzeugern sollte vermittelt werden, dass bei einem Herunterfahren auf nur 90% Anlieferung das gleiche Einkommen erwirtschaftet werden kann als mit einer Anlieferung, die gleich hoch oder höher ist als im vorigen Jahr. Dazu wurde die Anlieferung des Vorjahres-Monats verglichen mit der Menge des aktuellen Monats. Wer seine Vorjahresmenge um 10% unterschritt, bekam 3ct auf den Milchpreis aufgeschlagen, wer seine Vorjahresmenge um 10% überschritt, bekam 4ct Preisabschlag.
Das System war erfolgreich, die Milchmengen pendelten sich auf das Vorjahresniveau ein, weswegen zuerst das Malus-System und nach und nach bis November auch das Bonus-System zurückgefahren und eingestellt wird. Für die Molkerei hat sich dieses Vorgehen als ein gutes Kriseninstrument erwiesen.
Erzeuger geben Preise vor
Auch beim BerSta Naturgroßhandel waren wir zu Gast: Das Unternehmen beliefert Bioläden im Großraum Wien mit regionalen Bioprodukten aus dem Waldviertel, alle aus anerkannter biologischer Erzeugung und Verarbeitung. Der Schwerpunkt liegt auf Frischwaren (Milchprodukte, Obst, Gemüse, Brot), und speziell auf Bio-Produkten aus der Region Waldviertel, die zu einem guten Teil noch direkt auf den Höfen weiterverarbeitet werden (Milchprodukte, Brot). Interessant ist die Preispolitik: Die Preise werden ausschließlich von den Erzeuger*innen bestimmt. BerSta gibt an die Höfe Rückmeldung, wie gut die Produkte zu diesem Preis abgesetzt werden können. Die von den Erzeuger*innen vorgegebenen Preise werden plus den Aufschlag durch BerSta einfach verlangt und von der ernährungsbewussten Kundschaft in der Regel auch angenommen.
Die beiden Geschäftsführer betonten, dass sie es als großen Erfolg ansehen, dass durch ihre Tätigkeit so manche Hofnachfolge gesichert werden konnte, weil der Absatz gesichert und eine Umstellung des Betriebes auf Haupterwerb ermöglicht wurde.
Genauso kann es also gehen: faire Preise für die Erzeuger und köstliche Lebensmittel für uns alle!
Bei einem urigen Heuriger-Abend in Wien konnten wir uns mit dem Grünen Nationalrats-Abgeordneten und Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber und Mitarbeiter Jens Karg noch über die Grüne Sichtweise austauschen. Ein großes Danke für einen Einblick in grüne Politik in unserem Nachbarland und die österreichische Gastfreundlichkeit!