TTIP: US-Landwirte profitieren

Interessant: So redet Agrarkommissar Phil Hogan also, wenn er TTIP vor Amerikanern verteidigt!

Arlington/Brüssel (http://fnl.de/presse/lesenswertes/lesenswertes-details/view/ttip-hogan-will-schnellstrasse-ueber-den-atlantik/page.html). Die Zeit ist reif für einen „Superhighway über den Atlantik“. Das hat EU-Agrarkommissar Phil Hogan gegenüber US-amerikanischen Landwirtschaftsexperten, Wissenschaftlern und Branchenvertretern festgestellt. Von Zollsenkungen auf europäischer Seite könnten US-Landwirte enorm profitieren, erklärte Hogan am vergangenen Donnerstag (19.2.) auf der jährlichen Ausblickskonferenz des US-Landwirtschaftsministeriums in Arlington, Virginia, mit Blick auf die laufenden Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Aber eine Einigung müsse mehr umfassen als nur Zölle, denn der größte Nutzen aus TTIP entstehe durch eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Regulierung. Ziel müsse es sein, die Vereinbarkeit der jeweiligen Ansätze und Standards zu sichern.

US-Landwirtschaftsminister Thomas Vilsack nannte 2015 „das Jahr des Agrarhandels“. Er erwartet jedoch, dass die Vereinigten Staaten zunächst die bereits weiter fortgeschrittenen Verhandlungen für eine Transpazifische Partnerschaft (TPP) mit Japan, Neuseeland, Chile und anderen Staaten abschließen, bevor TTIP beendet werden könne. Die für Landwirtschaft zuständige US-Chefunterhändlerin Darcy Vetter bekräftigte, eine Einigung müsse die Themen Biotechnologie, Tierarzneimittel und Hormone sowie Verarbeitungstechniken umfassen. Eine transatlantische Annäherung der jeweiligen Bestimmungen müsse auf wissenschaftlicher Grundlage erfolgen.

Politik ist dabei

Der Kommissar warb für Pragmatismus: „Beide Seiten sollten insbesondere daran arbeiten, künftige Hürden gar nicht erst entstehen zu lassen.“ Davon verspricht sich Hogan nicht nur einen verbesserten Marktzugang, sondern auch die Vermeidung unnötiger Kosten und Bürokratie. Damit helfe man insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen. Er wies den beiden Handelsblöcken die gemeinsame Verantwortung zu, die Welternährung zu sichern. „Wer sonst, wenn nicht wir?“, so Hogan. Die künftige Herausforderung sei es, auf der gleichen Fläche mehr zu produzieren. „Eine erfolgreiche, ausgewogene TTIP wird die Arbeit unserer Marktteilnehmer erleichtern, ohne unsere Gesundheits- und Umweltschutzstandards zu untergraben“, so Hogan. Der Ire betonte, das Verhältnis zwischen der EU und den USA drehe sich nicht nur um Chlorhähnchen, gentechnische veränderte Organismen (GVO) oder die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE). GVO seien ein heikles politisches Thema, auch wenn es rein wissenschaftlich betrachtet vielleicht keine Einwände gebe.

Verzögerung von Importzulassungen eventuell problematisch

Hogan räumte ein, dass die Verzögerung von Importzulassungen in der EU zu einem Problem werden könnte, wenn sich dadurch die Kosten für Futtermittel aus Übersee erhöhten. Die Kommission werde darüber und über den Prozess insgesamt in den nächsten Wochen eine detaillierte Diskussion führen. Gleichzeitig stellte er in Aussicht, dass mit der gerade beschlossenen Opt-out-Regelung zum GVO-Anbau sich zumindest in einigen Teilen Europas die Aufnahme der Gentechnik beschleunigen dürfte. Grundsätzlich folgte Hogan in der Debatte der Linie von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dass die wissenschaftliche Bewertung nur eine Seite der Medaille sei. Diese Ergebnisse müssten dann politisch gewogen werden.

Sicherheit rückverfolgen

Auch in Bezug auf die Behandlung von Geflügelfleisch mit antimikrobiellen Substanzen versuchte Hogan dem amerikanischen Publikum die große politische Ablehnung dieser Methode in Europa zu vermitteln – auch wenn gewisse Befürchtungen vielleicht nicht wissenschaftlich begründet seien. Ferner hob er hervor, die EU setzte bei der Lebensmittelsicherheit auf das Rückverfolgbarkeitsprinzip. Zum Thema geschützte Herkunftsangaben unterstrich der Kommissar, dabei handele es sich möglicherweise in den Verhandlungen um ein geringeres Problem als gedacht. Immerhin seien 95 % der EU-Bezeichnungen für die USA unproblematisch; über eine Handvoll Bezeichnungen müsse man natürlich reden, darunter Weine wie Chianti, Champagner und Port sowie einige Käsesorten. Um den Amerikanern, die grundsätzlich eher auf den Markenschutz setzen, das europäische System verständlich zu machen, sprach Hogan von „geschützten Marken für den ländlichen Raum“.

Keine Gesundheitsgefahr

Vilsack bezeichnete die USA als das Land mit dem produktivsten Agrarsektor der Welt. Dies führte er auch auf den Einsatz der Gentechnik zurück. Er bekräftigte den amerikanischen Standpunkt, dass GVO sicher seien. Man habe in jahrelangen Untersuchungen und Kontrollen keinerlei Hinweise auf eine Gesundheitsgefährdung gefunden. Einer Kennzeichnungspflicht für GVO- Inhaltsstoffe steht der Minister kritisch gegenüber. Konsumenten hätten zwar durchaus das Recht, sich zu informieren. Mit einer Pflichtkennzeichnung vermittele man jedoch das Gefühl eines Risikos, wo keines sei. Diese Diskussion gehöre nicht ins 21. Jahrhundert. Als bevorzugte Alternative brachte Vilsack die Bereitstellung weiterführender Informationen im Internet über den Scan des auf der Verpackung angegeben Barcodes ins Spiel. Dies sei beispielsweise mit Smartphones problemlos möglich und könne den Weg für eine Koexistenz von konventionellen und GVO-Produkten ebnen. Zum Thema Chlorhähnchen erläuterte Vilsack, die antimikrobielle Behandlung von Fleisch entspreche dem Wunsch amerikanischer Verbraucher nach dem Schutz vor potentiell krankheitserregenden Keimen.

USA im Nachteil

Die stellvertretende US-Handelsbeauftragte Vetter hob die potentielle Bedeutung Europas für US-Agrarprodukte hervor. Derzeit rangiere der EU-Markt als Exportziel jedoch nur an fünfter Stelle. Zwischen 2000 und 2014 hätten sich die US-Agrarexporte in alle Welt um 193 % erhöht, in die EU jedoch um lediglich 95 %. Der US-Marktanteil in Europa sei sogar gefallen. Eine Kombination aus hohen Zöllen, nichttarifären Handelshemmnissen und einer bevorzugten Behandlung für andere Drittstaaten benachteiligten amerikanische Landwirte. Vetter erinnerte daran, dass die EU mit einer Reihe von anderen Ländern Freihandelsgespräche führe. Dadurch erhielten direkte Wettbewerber wie Kanada Vorteile. Mit Blick auf geschützte Herkunftsbezeichnungen betonte die Amerikanerin, bei diesem Thema bestehende Probleme seien nicht unüberwindlich. Gleichzeitig stellte sie fest, dass geschützte EU- Produkte auf dem US-Markt bereits heute sehr erfolgreich seien. Man strebe eine Lösung an, die Produktbezeichnungen, die eindeutig mit einem bestimmten Ort verbunden seien, schütze, gleichzeitig aber einen freien Handel generischer Erzeugnisse gewährleiste. (AgE)

 

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