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Nachhaltiges, gesundes und kostenloses Mittagessen für Grundschüler*innen in Bayern

Für jedes Gerät gibt es eine Norm, aber für Schulessen haben wir nicht einmal einen Mindeststandard in Bayern – höchste Zeit, das zu ändern! Wir Grüne bringen heute einen Gesetzentwurf in den Bayerischen Landtag ein, der genau das zum Ziel hat.

Wir wollen, dass alle bayerischen Grundschulen, die ein Mittagessen für ihre Schüler*innen anbieten, nach festgelegten Qualitätskriterien zubereitete Mahlzeiten auftischen können: zu 100 Prozent biologisch, regional, saisonal und abwechslungsreich (wie es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihren Qualitätsstandards empfiehlt). Oder anders gesagt: nachhaltig, gesund und kostenlos.

Der Freistaat soll für die Kosten möglichst komplett aufkommen: Der Gesetzentwurf sieht einen Zuschuss von bis zu 6,59 Euro täglich pro Mittagessen vor. Hintergrund: Laut einer Studie ist es mit einem Betrag von 6,59 Euro täglich pro Schüler*in möglich, ein Mittagessen an einer durchschnittlichen Grundschule anzubieten, das zu 100 Prozent aus Bioprodukten besteht (siehe hier: https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/gv/KuPS-Studie-Abschlussbericht.pdf).

Das ist sozial gerecht, denn gutes Essen gibt es damit für alle Kinder unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Und dass der Staat die Verpflegungskosten für Schulkinder übernimmt, ist auch laut Wissenschaftlichem Beirat der einzig wirksame Hebel zur Verbesserung der Schulverpflegung.

Es ist ein aktiver Beitrag zur Kindergesundheit: ernährungsbedingte Krankheiten wie Adipositas und Diabetes II nehmen immer mehr zu und verursachen auch gesellschaftlich hohe Kosten. Es ist höchste Zeit, dem entgegenzuwirken!  

Und gleichzeitig ist es ein Schwungrad für die nachhaltige Landwirtschaft in Bayern! Denn der hundertprozentige Bio-Anteil im Mittagessen stärkt die ökologische Landwirtschaft, indem das schulische Segment einen großen und vor allem gesicherten Absatzmarkt bietet. Damit leistet der Gesetzentwurf auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz!

Mit diesem Gesetz übernimmt der Staat Verantwortung für die Gesundheit und Entwicklung unserer Kinder. Hier geht’s zum Grünen Gesetzentwurf „Mittagsverpflegung an Schulen: kostenlos, nachhaltig und gesund.

Hintergrund: Warum kostenloses Essen für Schüler/Finanzierung durch den Freistaat?

Immer mehr Kinder verbringen einen großen Teil ihrer Zeit in schulischen Einrichtungen. Mit dem kommenden Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschüler*innen wird dies bald für noch mehr Kinder gelten. Daher ist ein gesundes Mittagessen an Grundschulen besonders wichtig.

Gerade in diesen unsicheren Zeiten müssen Familien entlastet werden. Wenn das Essen immer teurer wird, können sich viele Familien gesunde Lebensmittel nicht mehr so einfach leisten. Darum muss der Staat grundsätzlich Familien entlasten und für ein gesundes Mittagessen sorgen. Hier geht es um soziale Gerechtigkeit für alle Kinder und Familien.

Denn: Geht der kostenfreie Zugang der Schüler*innen zum Mittagessen gleichzeitig mit einem qualitativ hochwertigen Essensangebot einher, zeigen Studien aus Schweden und Norwegen, dass Kinder und Jugendliche aus ärmeren Haushalten immens von einer qualitätsgesicherten Schulverpflegung profitieren (Alex-Petersen et al. 2017; Schwartz & Rothbart 2017). So lässt sich durch hochwertige kostenlose Mittagsverpflegung die Gesundheit fördern – und ebenso der soziale Zusammenhalt.

In Finnland und in Schweden, wo bereits 1943 bzw. in den 1970er-Jahren beitragsfreie Mahlzeiten in Schulen eingeführt wurden, finden sich im Durchschnitt deutlich höhere Teilnehmer*innenraten als in Deutschland. Ferner zeigen Studien aus Großbritannien und den USA, dass die Einführung von beitragsfreien Mahlzeiten für alle Schüler*innen zu einer signifikant höheren Teilnahmerate führte (z. B. Schwartz & Rothbart 2017, Turner et al. 2019). 


Für ein gesundheitsförderndes Essverhalten sind vielfältige Kompetenzen rund ums Essen und Trinken nötig. Schule, vor allem im Ganztagsbetrieb, ist hier der Lern- und Lebensraum, an dem Theorie und Praxis erfolgreich verknüpft werden können.
Eine vielfältige Lebensmittelauswahl in der Schulmensa sorgt dafür, dass die Schüler*innen verschiedene Lebensmittel, Geschmacksrichtungen und Zubereitungsarten der Saison und Regionen kennenlernen. 

Wünschenswert ist auch, dass Schüler*innen bei der Essensauswahl beteiligt und bei der Zubereitung miteinbezogen werden. (An manchen Schulen ist dies bereits der Fall, siehe z.B. hier: https://www.gymnasium-oberhaching.de/schulleben/projekte-ags/mathe-macchiato   https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/gesundheit/schulprojekt-gesundes-essen100.html) So lernen sie, wie Lebensmittel verarbeitet werden. Zudem soll das gemeinsame Essen auch den sozialen Zusammenhalt fördern. Im besten Fall ist die Mensa zugleich Treffpunkt und Kommunikationszentrum, ein Ort des informellen Lernens und Teil der Schulkultur.

Warum braucht es hier einen Paradigmenwechsel in Bayern?

  • 2 Millionen Kinder in Deutschland sind übergewichtig, davon 800.000 fettleibig.[1]
  • Die Anzahl der von Typ-2-Diabetes betroffenen Jugendlichen wird in Deutschland derzeit auf ca. 1.000 geschätzt, die Dunkelziffer ist deutlich höher und insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie mit großer Wahrscheinlichkeit nochmal deutlich angestiegen.[2]  
  • Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage[3] für die Deutsche Adipositasgesellschaft (DAG) und das Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der Technischen Universität (TU) München hat die Corona-Pandemie massive Auswirkungen auf das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen hinterlassen:
  • 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind dicker geworden, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 32 Prozent[4]
  • Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien sind doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien (23 zu 12 Prozent)[5]
  • 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen greifen häufiger zu Süßwaren als zuvor[6]
  • Die Veränderungen scheinen sich verfestigt zu haben, was sich in einer weiteren Gewichtszunahme niederschlägt.[7]
  • Durch die Corona-Pandemie wurde die gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland weiter verschärft. Es wird zu einem Anstieg von ernährungsbedingten Krankheiten (Adipositas, Diabetes etc.) kommen.[8]

Unsere Quellen:
1 Quelle: Anja Schienkiewitz, Anna-Kristin Brettschneider, Stefan Damerow, Angelika Schaffrath Rosario. Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. Journal of Health Monitoring · 2018 3(1) DOI 10.17886/RKI-GBE-2018-005.

2Quelle: https://www.dgkj.de/pi-adipositas#c6690, zuletzt abgerufen am 16.11.22

3 https://adipositas-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2022/05/2022-05-31_DAG-EKFZ_forsa-Umfrage_Ergebnispraesentation_final.pdf 4[1] Ebd.

4 Ebd.

5 Ebd. 

6 Ebd. 

7 Ebd.
8 Ebd.