„Fit-für-den-Weltmarkt-Strategie“ ist überholt

Zum Deutschen Bauerntag am 24. und 25. Juni 2015

Der Bauernverband, der sich ja stets als Vertreter für alle Bäuerinnen und Bauern rühmt, es aber immer weniger ist, beklagt in letzter Zeit eine wachsende Entfremdung zwischen „der“ Landwirtschaft und der Gesellschaft. Die Gründe dafür hat er selbst verschuldet: die Realität der industriellen Landwirtschaft und die vorgegaukelte Bauernhofidylle der Marketingkampagnen klaffen einfach zu weit auseinander, als dass es die Gesellschaft noch länger ignorieren könnte. 

Es gibt derzeit eine starke gesellschaftliche Einigung hin zu mehr Natur- und Tierschutz, gegen globalisierte Strukturen, von denen nur die großen Unternehmen profitieren. Die Menschen wollen genau wissen, woher ihr Essen kommt; sie wollen nicht mehr hinnehmen, dass alles unter eine rein auf Gewinnstreben orientierte Wirtschaftsweise untergeordnet wird. Dies gilt ganz besonders für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Immer mehr Menschen wollen hier regionale statt globale Produkte, wollen regionale Wirtschaftskreisläufe fördern, unterstützen kurze Wege, fordern mehr Tierschutz bei der Nutztierhaltung und sind auch bereit, dafür zu bezahlen.

Der Bauernverband hat diese Zeichen der Zeit lange nicht erkannt. Kein Wunder, dass er sich jetzt auf die Suche machen muss nach Wegen zum besseren Verständnis zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft – hat er es doch selbst über lange Jahre verspielt. Die ausschließliche „Fit für den Weltmarkt“-Maxime des Bauernverbands hat viele, viele Bauern in den letzten Jahrzehnten zum Aufgeben gezwungen. Erst ganz allmählich wächst die Einsicht, dass es auch einen regionalen Markt gibt, den zu Bedienen sich lohnt; dass insbesondere die bayerische Landwirtschaft mit ihren kleinteiligen Strukturen vielleicht ganz besonders dafür geeignet wäre. Eine Einsicht, die für viele Bäuerinnen und Bauern zu spät kommt.

Unser Grünes Ziel ist es, so viele Betriebe wie möglich mit den bestehenden Ressourcen zu erhalten. Betriebserhalt statt Strukturwandel. Deshalb muss die Beratung und Ausbildung viel individueller, kreativer und integrativer sein: zum Beispiel Fleisch von alten Nutztierrassen, samenfeste Gemüsesorten, Speisekartoffeln, robuste Getreidesorten, Kurzumtriebsplantagen, mobile Hühnerställe, Heumilchproduktion usw. unter Einbeziehung der nachgelagerten regionalen Verarbeitungs- und Handelsschienen. Auch die landwirtschaftliche Ausbildung muss reformiert werden: nachhaltige Wirtschaftsweisen müssen mehr in den Vordergrund rücken.

Vor allem bei den Viehhaltern und Fleischproduzenten gibt es großen Bedarf, die Haltung und Lebensumstände von Kühen, Schweinen und Geflügel tiergerecht zu verbessern. Es gibt üble Tierfabriken – auch in Bayern.  Bauernverband und Staatsregierung beschönigen und leugnen dies noch immer gerne. Doch diese alten Reflexe dienen weder den Menschen noch den Tieren. Bayerische Bäuerinnen und Bauern haben ein Recht darauf, dass ihre Arbeitsweise  von der Gesellschaft befürwortet wird und für nachfolgende Generationen nachahmenswert ist. Es ist die Aufgabe der Politik, gute Bedingungen für eine menschen-, tier- und umweltgerechte Landwirtschaft zu schaffen.