Die Maßnahmen, die Agrarminister Brunner beim Milchgipfel durchgesetzt hat, sind größtenteils in Ordnung – aber es fehlt nach wie vor eine wirkliche, nachhaltige Lösung. Diese kann für mich nur eine richtige Herkunfts- und Haltungskennzeichnung sein: kontrollierte Herkunft muss kombiniert werden mit einem Qualitätsmerkmal wie Weide, Heu oder Bio. Damit könnten die Molkereien nicht mehr ohne Weiteres Billigmilch importieren und wären mehr auf die heimischen Milcherzeuger angewiesen.
Es ist sicher richtig, Aldi, Lidl & Co als Mitverantwortliche für die Milchkrise zu benennen. Allerdings beschleunigen sie nur, was über Jahrzehnte von Bauernverband, Politik und Lebensmittelindustrie angestrebt wird: die Industrialisierung und Globalisierung der Landwirtschaft.
Bayern könnte sich von der Abhängigkeit vom Weltmarkt emanzipieren, denn es ist mit seinen noch vorhandenen kleinteiligen Landwirtschaftsstrukturen ungemein im Vorteil. Im Evaluationsbericht zum Ökolandbau in Bayern wird gerade den Betriebsgrößen, wie sie im Schnitt in Bayern vorhanden sind, großes Potential bescheinigt, mit ökologischer Milchwirtschaft existenzsichernd zu wirtschaften. Tierhaltung muss an die Fläche gekoppelt werden, damit die Milchkühe zum großen Teil mit Grünfutter versorgt werden können und nicht mit Gensoja und Mais. Auch die Verknüpfung von Landwirtschaft und Tourismus durch das Verbinden von landschaftserhaltender Bewirtschaftung und regionaler Lebensmittelproduktion ist in Bayern noch wenig ausgebaut. Alle staatlichen Förderprogramme müssen darauf geprüft werden, ob sie dazu beitragen, die Milchmenge zu erhöhen. Sanktionen bei Überbelegung und gesetzliche Mindeststandards für die Haltung von Milchkühen würden helfen, die Milchmenge zu reduzieren.
Warum sollte Milch nicht so billig sein? Sie wird im Überschuss produziert und ist ein alltägliches Lebensmittel ohne besondere Qualität oder Herkunft.
Nur eine Mengenverringerung mit der gleichzeitigen Steigerung einer nachvollziehbaren Qualität kann der Milch wieder zu mehr Wert verhelfen. Für die Verbraucher muss erkennbar sein, wie die Kuh gehalten wurde und was sie gefressen hat. Weide- oder Heumilch sind Alternativen, die sich z. B. in Österreich gut etabliert haben.
Es ist für die Gesellschaft doch kaum nachvollziehbar, warum die Gesundheit der Kühe riskiert wird für Milchhöchstleistung durch Kraftfutter aus Gensoja, warum Kälber Milchaustauscher aus Magermilchpulver und Palmfett saufen müssen, statt ursprünglicher Kuhmilch, warum mit der viel zu vielen Gülle der vielen Kühe unser Trinkwasser mit Nitrat verseucht wird oder warum es unsere Landschaft ertragen muss, für Export-Milchpulver ausgeräumt und ausgebeutet zu werden.
Die aktuell diskutierten Prämien oder Liquiditätshilfen sind vielleicht Instrumente, die aktuelle Krise kurzfristig zu mildern. Für ein langfristiges Entkommen aus der Krise bedarf es eines neuen gesellschaftlichen Vertrags zwischen Erzeugern und Verarbeitern, dem Handel und den Verbrauchern.
Nur durch qualitäts- und tierwohlorientierte Vermarktungslinien in Bayern kann eine Preis- und Produktdifferenzierung erreicht werden, die eine wahre Zukunftschance bietet und zugleich einen Mehrwert für die ganze Gesellschaft.