Heute war ich zu Gast beim Ortsverband Gauting zum Erntedankfest – schön, dass dieses Fest gefeiert wird. Denn es ist in der bäuerlichen Kultur seit Jahrhunderten fest verankert.
Dürre, Hitze, Hagel, Sturm, zu viel Regen, zu wenig Regen, Eisheilige, Schafskälte, Spätfröste, Frühfröste – all diesen Unwägbarkeiten ist vor allem die Landwirtschaft ausgesetzt. Wenn dann trotzdem die Ernte gut ist, dann dürfen und müssen wir Danke sagen. Denn der Erntedank ist ein Fest der Dankbarkeit für die Gaben der Natur.
Danke sagen vermittelt Wertschätzung, und diese Wertschätzung dürfen wir der Natur gegenüber nie verlieren.
Aber genauso dürfen wir die Wertschätzung für die Erzeugnisse, also die Lebensmittel und für die Menschen, die den Erntedank ermöglichen, nicht verlieren.
Wertschätzung bedeutet Ansehen, Achtung, Anerkennung – also das Bewußtsein darüber, wie wichtig die Natur, die Landwirtschaft, unsere Lebensmittel und alle Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, für uns alle sind. Denn das alles ist unsere Lebensgrundlage.
Damit wir überhaupt weiterhin Erntedank feiern können, müssen wir unsere Landwirtschaft wesentlich resilienter ausgestalten.
Klimawandel, Artenschwund, Überdüngung, Bevölkerungswachstum – Riesenherausforderungen, für die es aber bereits Lösungen gibt, wir müssen sie nur flächendeckend anwenden!
Einen wichtigen Lösungsansatz habt ihr euch heute davon rausgegriffen:
Die regenerative Landwirtschaft.
Was ist das? Die regenerative Landwirtschaft ist eine Landwirtschaft, die nicht ausbeutet, sondern im Gegenteil sich immer wieder regeneriert, also sich erneuert, wiederherstellt und den natürlichen Kreislauf beachtet.
Artenvielfalt und der Erhalt eines gesunden Bodens sind die zentralen Elemente.
Die Hauptmethoden sind:
- Dauerbegrünung des Ackers, Vorbild Natur: da gibt es keine nackte Erde! Zwischenfruchtanbau, mulchen – all das bringt organisches Material in den Boden und fördert damit das Leben im Boden, die vielen Käfer und Insekten, die unter der Erde für die Umsetzung sorgen und damit für den Humuserhalt.
- möglichst weite und vielfältige Fruchtfolgen, denn Monokulturen befördern Krankheiten
- schonende Bodenbearbeitung sowohl was das Gewicht der Maschinen als auch die Tiefe der Bearbeitung betrifft. Die besten Bodenlockerer und Umgraber sind Regenwürmer, je mehr es davon im Boden gibt, desto besser.
- Verzicht von Totolherbiziden und Reduzierung von Pestiziden (Chemischer Pflanzenschutz),
- Verbesserung der Durchwurzelung durch Anbau von Tiefenwurzlern und Untersaaten auf Ackerflächen, z. B. stickstoffsammelnde Pflanzen wie alle Hülsenfrüchte, also Bohnen und Erbsen, die auch noch gut für die menschliche Nahrung geeignet sind.
- Verbesserung der Durchwurzelung beim Grünland durch Beweidung, die Grasnarbe und damit die Bewurzelung ist bei beweidetem Grünland wesentlich besser ausgebildet. Der Tritt der Weidetiere stärkt den Wurzelstock und jeder Kuhfladen ist außerdem ein Hotspot der Artenvielfalt.
- Landschaftsstruktur schaffen durch Gehölze, Hecken und Bäume, im Fachjargon: Agroforstsysteme etablieren, das schafft Lebensräume für Vögel und Insekten und dient der Wasserspeicherung und Beschattung im Sommer – kann auch sehr gut mit Beweidung verknüpft werden. Zum Beispiel in der Freilandhühnerhaltung ideal, denn Hühner brauchen den Schutz von Sträuchern, damit sie von Habichten nicht gesehen werden.
- Carbon Farming, das scheint der neue Hype zu sein, da wird Pflanzenkohle in den Bodeneingebracht und das soll die Fruchtbarkeit der Böden erhöhen. Was es tatsächlich bringt, ist wissenschaftlich noch nicht ganz erwiesen. Da besteht noch Forschungsbedarf und dann bräuchte man ein Zertifizierungssystem für die Pflanzenkohle, denn diese hat ja ganz unterschiedliche Herkünfte.
Diese Methoden können übrigens in der gesamten Landwirtschaft angewandt werden, also auch in der konventionellen!
Der Ökolandbau macht das meiste davon schon und ist damit von sich aus schon eine regenerative Landwirtschaft.
Und das ist auch wissenschaftlich nachgewiesen.
Letztes Jahr kam der Thünenreport 65 raus, der die Leistungen des Ökolandbaus für Umwelt und Gesellschaft untersucht hat.
Ergebnis: Bei Wasser, Boden, Biodiversität, Klimaschutz, Klimaanpassung, Ressourceneffizienz erbringt der Ökolandbau eindeutig höhere Leistungen als der durchschnittliche konventionelle Anbau.
Und was kann jeder von uns tun, damit dieser Wandel auch greift:
- Das Bewusstsein und das Wissen fördern und ausbauen und in der Grundschule, in der Mittelschule, in der Realschule und im Gymnasium – möglichst viel praktischer Unterricht zu diesen Themen, Besuche auf Bauernhögen, Erntehilfen, Kochen, Ernährungslehre, praktischer Umweltschutz, beim Heckenpflanzen helfen.
- Ich bin für ein Schulfach Landwirtschaft und Ernährung und ich bin dafür, dass jede Schule eine Schulküche bekommt, damit Kochunterricht überhaupt stattfinden kann.
- Regional, saisonal und Bio einkaufen!
- Fester Bio-Anteil in der Gemeinschaftsverpflegung, also mindestes 30 % Biowaren!
Sich interessieren füreinander, denn Wertschätzung funktioniert nur im Miteinander.
Es ist Zeit für einen Wandel in der Bayerischen Landwirtschaft. Wir brauchen mehr Kreislaufwirtschaft, mehr regionale Wertschöpfung und vor allem brauchen wir agrarökologische Systeme auf der gesamten Fläche.
Und dafür setzen wir Grüne die politischen Rahmenbedingungen, deren Grundausrichtung der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen, das Wohl unserer Nutztiere, und die finanzielle und soziale Wertschätzung der Bäuerinnen und Bauern ist.