
Pittenhart-Niederbrunn. Die „Streuobstinitiative Chiemgau“, ein landkreisübergreifendes Netzwerk zur Förderung des Streuobstanbaues im Chiemgau hat bei ihrer diesjährigen Jahreshauptversammlung im Pittenharter Dokumentations- und Begegnungszentrum Hilgerhof ihren Vorstand neu gewählt. Bei den wichtigsten Posten änderte sich nichts, lediglich bei den Beisitzern gab es neue Gesichter.
Für den Vereinsvorsitz stellte sich wieder die Grünen-Landtagsabgeordnete Gisela Sengl aus Sondermoning im Landkreis Traunstein zur Verfügung, als stellvertretender Vorsitzender wird weiterhin Josef Stein tätig sein. Der Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt Rosenheim gehörte zu den Initiatoren des Projektes, die Lösung der vielfältigen Aufgaben zur Förderung des Streuobstbaus im Chiemgau in einer Organisation zu bündeln, die alle daran interessierten Personen und Institutionen umfasst. Zum Kassier wurde Fedor Volckmar-Frentzel aus Rimsting gewählt, der auch im Vorstand der Leader-Aktionsgruppe „Chiemgauer-Seenplatte“ aktiv ist, zum Schriftführer Carsten Voigt aus Übersee, der das Streuobstprojekt des Landschaftspflegeverbands Traunstein betreut. Der engere Vorstandskreis wurde ergänzt durch sechs Beisitzer, die Kenntnisse aus unterschiedlichen Bereichen im Zusammenhang mit Streuobst aus den Obstangern des Chiemgaus in die Vorstandstätigkeit einbringen können. Neu dabei sind Thomas Bauer aus Trostberg, der eine Obstwiese in Hart bei Chieming bewirtschaftet, und Georg Loferer aus Rohrdorf, Biobauer und Pomologe. Er führt eine Obstsortenkartierung im oberbayerischen Voralpenland von Berchtesgaden bis Schongau durch, im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz im Rahmen des Biodiversitätsprogramms Bayern 2030. Die Interessen der Imker wird künftig der Pittenharter Bürgermeister Sepp Reithmeier als Traunsteiner Kreisvorsitzender des Imker-Verbandes in den Vorstand der Streuobstinitiative einbringen. Als Beisitzer bleiben Sabine Löw-Wurmannstetter, ehemals Projektbetreuerin des Leader-Projektes „Die Chiemgauer Seenplatte blüht auf“, Jürgen Sandner, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands Traunstein, und Hans Schmid, Betreiber einer Kelterei in Waldhausen bei Schnaitsee.
Voller Begeisterung präsentierten alte und neue Vorstandsmitglieder den ersten Bio-Streuobstapfelsaft mit dem Logo „Chiemgauer Streuobst“ aus Äpfeln von bereits biozertifiziertem Mitgliedern der Streuobstinitiative. Für die Streuobstinitiative sind diese kleinen Flaschen ein erstes sichtbares Ergebnis ihrer jahrelangen Bemühungen, das man auch tatsächlich in der Hand halten kann. Denn ihre gegenwärtig wichtigste Aufgabe sah und sieht die Initiative in der Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für eine Gruppen-Biozertifizierung von Obstwiesenbesitzern im Chiemgau, für die durch die höheren Abnahmepreise für biozertifiziertes Obst Pflege und Nutzung der traditionellen Obstanger attraktiver werden. Einige Schritte sei man weitergekommen auf diesem Weg, erklärte Gisela Sengl in ihrem Tätigkeitsbericht. Die Wort-Bild-Marke „Chiemgauer Streuobst“ sei nun offiziell geschützt und die Streuobstinitiative Chiemgau als landwirtschaftlicher Betrieb anerkannt, so dass sie als Träger der Biosammelzertifizierung fungieren könne.
Der wichtigste Punkt wäre jedoch die Beauftragung eines professionellen „Kümmerers“, denn die anstehenden Aufgaben seien langfristig ehrenamtlich nicht mehr zu leisten. Hier habe man auf die – auch finanzielle – Unterstützung der Gemeinden gehofft, als Voraussetzung für die Förderung durch das EU-Programm LEADER. Bei der Information der Gemeinden habe sich allerdings noch Klärungsbedarf in zahlreichen Fragen ergeben, so dass man den Start des Projekts -Biosammelzertifizierung von Obst von den Obstangern des Chiemgaus wohl ins nächste Jahr verschieben müsse.
Jürgen Sandner erläuterte der Versammlung, wie die Biosammelzertifizierung über die Streuobstinitiative Chiemgau vonstatten gehen könnte und wo die Vorteile für Obstwiesenbesitzer, Keltereien und alle Bürger der Region liegen. Biozertifizierter Betrieb wäre in diesem Fall die Streuobstinitiative, und selbstverständlich müssten die Obstwiesen an diesen Betrieb durch Pacht- bzw. Nutzungsverträge gebunden werden. Vorbehalte hinsichtlich dieser vertraglichen Bindung halte er für unbegründet, erklärte Jürgen Sandner, denn in diesem Vertrag könne festgehalten werden, dass die Bewirtschaftung weiter bei dem Obstwiesenbesitzer verbleibt und beispielsweise flächenbezogene landwirtschaftliche Förderungen wie aus dem KULAP von ihm abgerufen werden können. Überwiegen würden die Vorteile: „Der Bewirtschafter der biosammelzertifizierten Streuobstwiese muss nur dort die Bio-Anbaukriterien erfüllen, die restlichen landwirtschaftlichen Flächen können weiterhin konventionell bewirtschaftet werden. Er erhält einen deutlich höheren Preis für das an die Keltereien abgelieferte Mostobst, wird dabei aber vom Zeit- und Kostenaufwand für eine eigene Biozertifizierung entlastet.“ Vorteil für die Keltereien: „Sie erhalten mehr bio-zertifiziertes Mostobst aus der Region, wofür nach ihrer eigenen Aussage bisher nicht zu deckender großer Bedarf besteht.“
Nächste Aufgabe des Vereinsvorstands sind nach Aussage von Gisela Sengl Arbeitsgespräche mit den Keltereien der Region mit Festlegungen zur genauen Vorgehensweise bei Herstellung und Vermarktung des Bio-Streuobst-Apfelsafts unter dem Logo „Chiemgauer Streuobst“.
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Mit freundlicher Genehmigung von Inge Graichen