Die Staubfontänen waren weithin zu sehen: bei sengender Hitze besuchte der Ortsverband Waginger See von Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen ihrer ersten Exkursion nach dem Lockdown die solidarische Landwirtschaft (Solawi) Chiemgau – und die Mitglieder wirbelten bei ihrer Ankunft über die trockenen Feldwege reichlich Staub auf. Ausgangspunkt der Solawi ist eigentlich ein Stück Land am schönen Tettenberg, das die Initiatorin Kristine Rühl vor vier Jahren erwerben konnte, um ihren Traum von einer gemeinschaftlichen, naturnahen Landbewirtschaftung in die Tat umzusetzen. Seit zwei Jahren baut die Solawi aber auch auf Äckern von Sepp Probst in Chieming vornehmlich Gemüse nach Demeter-Standard an. Hier starteten die Grünen ihre Besichtigung.
„Wir können durch die Zusammenarbeit mit Sepp Probst auf einer Fläche von gut einem Hektar Kartoffeln und auf weiteren zwei Hektar verschiedenes Gemüse anbauen”, berichtete Kristine Rühl stolz und gab auch Einblicke in die biologische Bekämpfung des Kartoffelkäfers. „Denn Spritzen mit Gift ist natürlich tabu!”
Am Tettenberg wollte sich auch Landtagsabgeordnete Gisela Sengl ein Bild von der Arbeit der Solawi machen und zeigte sich beeindruckt vom bisher Erreichten. „Wir sind jetzt im vierten Anbaujahr, und das Projekt wird inzwischen von gut 90 Ernteteilern getragen. Das heißt, die Investitionen speisen sich aus den Einlagen der Mitglieder, die sich wöchentlich an vier Abholstellen ihren Ernteanteil abholen”, erklärte Kristine Rühl. „Solidarische Landwirtschaft bedeutet aber auch, dass sich die Mitglieder auch das Risiko teilen, wenn sich aufgrund klimatischer Bedingungen beispielsweise eines Hagels ein Ernteausfall ergibt.“
Gisela Sengl und die anderen Teilnehmer dieser Exkursion zeigten sich begeistert von dieser praktischen Umsetzung urgrüner DNA. Auch die Idee, am Tettenberg ein Agroforstsystem, also einen Mix aus unterschiedlichen Obstbäumen und Beerensträuchern und Hecken einerseits zum Nutzen der Menschen, aber auch als idealen Lebensraum für unterschiedlichste Tiere (z.B. Hasen, Vögel) und Insekten zu errichten, unterstützte die stellvertretende Fraktionssprecherin und Sprecherin für Ernährung und Landwirtschaft der Grünen ausdrücklich. „Um die Bäume und Sträucher für dieses Agroforstsystem zu beschaffen, reichen allerdings die Einlagen unserer Ernteteiler nicht aus“, berichtete Kristine Rühl. „Deshalb haben wir uns entschlossen, eine Crowdfunding-Kampagne zu starten, die seit 10. Juni sehr erfolgreich angelaufen ist.” „Eine sehr gute Idee”, pflichtete auch Sebastian Heller, bis vor kurzem noch Fraktionssprecher der Grünen auf Kreistagsebene bei, der auch über andere, erfolgreiche Crowdfunding-Kampagnen berichten konnte. „Mit der Crowdfunding-Kampagne sollen auch zwei Gewächshäuser finanziert werden, die für die Verlängerung der Anbauperiode sorgen sollen, denn in unseren Breiten ist die Anbausaison ansonsten einfach zu kurz”, so Rühl.
Das Konzept „solidarische Landwirtschaft“ sei auch deshalb so nachhaltig, weil damit die Verbindung zwischen Erzeugung und Verbrauch von Gemüse und Obst hergestellt würde. Denn Mitarbeit auf dem Acker sei möglich und auch erwünscht. „Auch wenn das schon klar ist, dass Obst und Gemüse nicht im Supermarkt wachsen, durch die Feldarbeit kann man endlich den Wert der Feldfrüchte wieder neu erkennen,“ erläuterte Dr. Fritz Priemer, der für die Waginger Grünen die Exkursion organisiert hatte.
Zum Ausklang dieser kleinen, aber sehr feinen Exkursion gab es noch ein köstliches Büffet aus veganen Pflanzerln, Spinatstrudel und Chutney aus den am selben Tag geernteten Zutaten, „umspült“ von lokaler Bio-Limonade oder je nach Geschmack lokalem Radler oder lokalem alkoholfreiem Bier.
Weitere Informationen unter www.solawi-chiemgau.de/
www.ecocrowd.de/projekte/gemeinsam-zukunft-gestalten/